#Tag 45: Ultreja – es ist dein Weg

Das Wunder Camino?

Um den Camino gibt es viele Geschichten und Wunder. Die Realität ist, dass er einem jene Menschen, Ereignisse, Erfahrungen und Perspektiven bringt, die man in seiner Entwicklung im jeweiligen Lebensabschnitt benötigt. 

Der Weg - oder man selbst auf dem Weg - zieht die Veränderung an, die man sich wünscht. Man darf nicht aktiv danach suchen, mann muss beobachten und geschehen lassen. Man muss das Leben frei lassen und man muss es leben. Es ist ganz leicht!

Der Camino ist die Essenz der Agilität denn lediglich das physische Ziel und die Richtung sind grob bekannt. Die Menschen auf dem Weg, der Weg selbst, die Hürden und Hindernisse, die persönlichen Grenzen, die Nahrungsversorgung, die Pausen und die Orte zur Nächtigung sind maximal flexibel. Keine Vorschriften, keine Sicherheit und keine Gewissheit - der Camino ist das Treiben im Leben in Reinform - im hier und jetzt. Das Ergebnis, die persönliche Erkenntnis, die persönliche Innovation und Veränderung kommt abseits der Norm und des Standards - immer dann, wenn man neue Wege geht, offen und aufmerksam sein Umfeld betrachtet und bereit für Veränderung ist.

Ist der Camino magisch? Nun, jeder der mich kennt, weiß mich als „ungläubigen Thomas“ zu schätzen. Aber an diesem Punkt muss ich sagen „ja - er ist magisch“ und das auf das wesentlich reduzierte Leben - das Leben - das ist seine Magie.

Der Camino wie auch die durch ihn bereitete Transformation sind im übrigen nicht Ortsgebunden, sie beginnen mit der Entscheidung den Weg zu gehen. Die Vorbereitung, das Einwandern und die Gedanken bringen erste Veränderung indem man seine innere Komfortzone verlässt, unbekannte Wege geht und die Veränderung ermöglicht. Das Ende des Weges ist ebensowenig das Ende, es ist ein neuer Anfang!

Für mich war mein Camino etwas ganz besonderes. Eine Mixtur zwischen Sport, Grenzerfahrung, Verzweiflung, Schmerz, Natürlichkeit, tollen Menschen mit kulturellen Unterschieden und Perspektiven, leckerem Essen und täglich neuen Erfahrungen. Der „Camino Francés“ ist mein großes Abenteuer und am Ende habe ich mich selbst und das unendliche Glück in mir gefunden. Danke Camino Francés, danke Welt!

Was hat sich für mich verändert?

Am 19 Tag schrieb ich folgende Hyopthese: „… das entspricht meiner Interpretation des Caminos, wo der Schmerz und das Leid notwendiges Übel sind, um die eigene Transformation voranzutreiben. Aus der reinen Komfortzone heraus ist nicht ausreichend Weiterentwickungsnotwendigkeit gegeben. Das ist aber nur meine aktuelle Einschätzung und ich bin gespannt, ob sich dieses Weltbild am Ende des Caminos ändert.“

Ich glaube nach dem „Camino Francés“ weiterhin, dass der Camino - oder die lange Zeit mit sich selbst - einem jene Lehreinheiten bringt, die die eigene Persönlichkeit braucht um sich selbst zu finden, sich selbst treu zu sein und mit seinem „Ich“ in Harmonie zu verschmelzen.

Das Ziel und auch die Lektionen werden bei jedem Menschen anders gelagert sein. Die Erfahrung des Caminos ist also nicht zwingend mit Schmerz und Leid gekoppelt. Es ist eben mein Weg!
Ich bin nach meinem Jakobsweg kein anderer oder neuer Mensch, aber sicherlich reifer als zuvor. Ich habe gelernt die kleinen Dinge des Lebens zu schätzen und erkannt wie wenig es benötigt, um Glücklich zu sein. 

Eigentum und Besitz sind nicht notwendig, aber die bedingungslose Wertschätzung seiner selbst. Um glücklich zu sein, braucht man nur Zeit für sich selbst, muss seinen Körper respektieren und dem Leben freien und vor allem ungezwungenen Lauf lassen.
Und man muss neue Erfahrungen suchen, sein Umfeld analysieren und sich selbst hinterfragen - man muss sein Leben leben. Und wie immer im Leben wählt man zunächst nur eine Richtung und geht dann den ersten Schritt, der Rest fügt sich, wenn man es nicht erwartet.

Der Organismus des menschlichen Körpers ist zu meinem wichtigsten, großartigsten Team geworden. Meine Füße, sie waren z.B. ihr ganzes Leben ungeachtet und sind in den vergangenen sechs Wochen zu meinem Zentrum der Welt geworden. Sie verurteilten mein bisheriges Leben, brachten meinen Weg fast zum Scheitern, lehrten mich der Langsamkeit und ermöglichten am Ende meinen Erfolg. Mein Körper ist mein Organismus und hat maximale Wertschätzung und Aufmerksamkeit verdient. Ich habe durch das Caminotraining und den über 800 Kilometern Strecke auf dem „Camino Francés“ fast 16 Prozent meines Körpergewichts und Umfang verloren und fühle mich unschlagbar fitt, gesund und mein Leben ist unkompliziert geworden.

Was hat sich noch verändert? Ich wußte lange Zeit nicht so Recht warum ich diesen Blog schreibe, aber jetzt ist es mir klar geworden. In erster Linie für mich selbst, damit ich mich erinnern kann und immer wieder bei Bedarf diese kleinen Wahrheiten hervorholen kann. Ich bin dankbarer geworden und gebe meiner Familie und der Welt damit (hoffentlich) ein kleines Stück zurück. Ich mochte andere Teilhaben lassen und vielleicht durch den einen oder anderen Gedankenfunken angeregt wurden. Schön, dass ihr mich begleitet habt. Danke Camino - danke Welt!

Was würde ich anders machen?

Nun, es ist wie im normalen Leben. Man sollte langsam beginnen, die ersten Schritte mit bedacht wählen und auf die Signale seines Körpers achten und den Dingen freien Lauf lassen. 

Hohe Geschwindigkeit am Anfang wird mit physischen Schulden der Zukunft bezahlt. Wer langsam startet und den Körper langsam an die neue Lebensweise gewöhnt, der wird am Ende schneller sein und andere überholen.

Es gibt eine eiserne Regel auf dem Camino und die ist falsch - man sagt „die letzten 4 Kilometer sind immer schmerzhaft und ziehen sich stets wie Kaugummi - es gibt keine Gewöhnung“. Die Wahrheit ist, dass man bei diesem Gefühl langsam machen sollte und auf jeden Fall pausieren. Damit kann man auch die letzten Kilometer des Tages geniesen. Meine Regel lautet daher: alle 5 bis spätestens 8 Kilometer oder wenn etwas schmerzt, ausreichend lang pausieren und die Natur genießen.

Meine Ausrüstung werde ich künftig bei Decathlon kaufen, die haben sehr gute Qualität, alles sehr durchdacht und sehr günstig. 90% der Ausstattung der Pilger ist von Decathlon. Die Wanderschuhe würde ich gleich mit 2 Größen mehr kaufen und ein zweites, leichtes Schuhpaar das an keinen potentiellen Blasenstellen (z.B. Sandalen von Earthrunners) reibt.

Sobald Probleme mit den Füßen oder Beinen auftreten sollte man den Gepäckservice nutzen. Das entlastet die Füße maßgeblich und verhindert Zwangspausen. Außerdem würde ich alles entsorgen, was nicht von Nöten ist - kein Imprägnierspray, ausgediente Cremes, alles zurücklassen - das spart Gewicht. Und nicht immer so viele Sorgen machen, es geht immer weiter - wenn man nur will.

Zur Wahrung der Flexibilität sollte man keine Herbergen vorab buchen, auch keinen Rückflug und ausreichend Puffer vorsehen, denn nichts ist so Schade wie ein erzwungener Abbruch, wenn man noch nicht am Ende ist.

Bei der Auswahl der Herbergen werde ich nächstes Mal verstärkt mit dem Herzen suchen. Die Herbergen die mit dem Herzen für ihre Pilgerschützlinge kochen, „Heidi‘s Place“ oder die „Albergue La Espiral“, sie geben so viel mehr zurück als die vermeintliche Billigware die es für Schnäppchenjägerpilger in den Restaurants unter „Pilgrim-Menue“ gibt.

Herbergen in größeren Etappenzielen werden gut besucht, dort ist viel los. Interessante Menschen trifft man häufig vor- oder nach einem Etappenziel denn dort ist es ruhiger, schöner, besinnlicher und meist günstiger.

Was ist mein Tipp für jene, die den Weg gehen werden?

Ultreja - es ist dein Weg! Geht den ganzen Weg - 800 Kilometer- wenn ihr euch hinterfragen wollt, wenn ihr eure Veränderung sucht und geht den Weg alleine. 

Wenn ihr mit Partnern, Freunden oder einer frisch gegründeten Pilgerfamilie geht, verschließt oder reduziert ihr eure Offenheit gegenüber zufälliger Gespräche und Erfahrungen.

Seit gerne alleine, gehr nur in eurer Geschwindigkeit (lasst euch nicht treiben!) und seit, offen für Kontakt und behaltet stets eure innersten Werte.

Hört auf euren Körper und gebt ihm Rast wenn er danach verlangt. Sofern diese Fähigkeit noch erlernt werden muss, könnt ihr euch mit folgenden Tipps zur Behandlung von Wasserblasen oder Knochenhautentzündung behelfen.

Gönnt euch eure Auszeit um die wertvollen Gespräche zu verarbeiten und unterstützt die Anderen. Denn der Weg gibt euch so unendlich viel zurück.

Was hat dich am meisten beeindruckt?

Eine ca. 30 Jährige Dame, sie hatte aufgrund einer Krankheit ein Bein verloren und ist mit dem verbliebenen und zwei Krücken über Stock und Stein gesprungen. Sie kam nur einen Tag nach mir in Santiago de Compostela an. 

Auch beeindruckt hat mich der „Butterflyeffekt“ man trifft viele Menschen, zufällig, willkürlich und oftmals nur für Minuten und dieser Zufall beeinflussen sie den weiteren Weg und das eigene Leben. Und man sieht sie alle wieder!

Mein Körper und meine Füße. Trotz Wasserblasen, Knochenhautentzündung - es ging immer weiter und ich bin stolz darauf, dass wir (Körper und Geist) alles gemeistert haben.

Die Zuverlässigkeit des Weges - die Freundin eines wichtigen Wanderfreundes ist sechs Tage bevor wir uns getrennt haben an Corona erkrankt. Wir hatten zur ansteckendsten Phase Kontakt und haben es zu spät erfahren um Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. Da wir mehrere Tage gemeinsam auf dem Weg waren und viele Nächte in kleinen, gemeinsamen Zimmern verbracht haben, war mein Corona-Risiko kurz vor Santiago nicht unwesentlich. Als auch mein Freund an Corona erkrankte, haben wir weiterhin die Zeit gemeinsam verbracht - denn er hätte mich schon längst angesteckt. Dieser Kelch ist an mir vorüber gegangen - so haben es mir Selbsttests bestätigt - alles richtig gemacht - dem Leben vertrauen schenken!

Was braucht man für eine Pilgerreise?

So wenig wie Möglich - möglichst nur 7kg Gepäck (mit Wasser)! 1x Ultraleichtrucksack mit Bauchgurt (400 bis max. 1kg), 3 Paar Merino-Socken, 2x Nylonsocken, 3x Funktionsunterhosen, 3x Funktions-T-Shirt, 2x Funktionshose mit Zipoff (gleiches Modell), 1x Regenponcho (der den Rucksack überdeckt), 1x Regenhose, 1x wasserabweisende Wanderjacke mit herausnehmbarem Fleecepulli, 1x Mütze, 1x Funktionshandtuch, 1x Wanderschuhe (1,5 Nummern größer), 1x Rei aus der Tube, 1x Nachfüllpack Duschgelkonzentrat (dm), 1x Sonnencreme klein, 1x Voltaren Forte klein, 12 Tabletten Ibuprofen 400 mg, 1, Reisezahnbürste, Zahnpastadrops, 1x Deoroller, 1x Omnifix, 1x Betadine, 1x Tube Hirschtalg, 1x Tape, 6x Taschentücher, 1x Ohropax, 1x Ersatzakku (Ladekapazität 1-2 Ladungen aller Geräte), kurze Ladekabel, 1x Schnelladestecker mit drei Ausgängen. Stabile Plastikbeutel um alle Utensilien im Rucksack wasserdicht zu verstauen. 2x PET-Wasserflaschen vom Discounter (1 Liter), 

Budget: Hin- und Rückreise je 150,- Euro, mindestens 30,- Euro pro Tag (Übernachtung, Essen, Trinken). 4-6 Wochen Auszeit!

Rückflug mit Wanderstöcken

Zum Rückflug mit seinen Wanderstöcken kann man seinen Rucksack einfach mit dem Regenüberzug überziehen. Die Stöcke vollständig auseinandernehmen und im Innenraum des Rucksacks verstauen, alle Schnallen zusammenziehen und fest verschnüren. Ich habe meinen Rucksack mit 13,5 Kilogramm zusätzlich mit Klebeband fixiert und dann als Gepäck aufgegeben. So ist es kein Problem - es bedarf also keiner gesonderten Reisetasche. 

Wichtig, die Antworten gelten NUR für den „Camino Francés“ denn nur er hat eine so gut ausgebaute Infrastruktur (Herbergen in fast jedem Ort, Apotheken und Restaurants). Es kann dort fast alles bei Bedarf nachgekauft werden – daher bitte keine Bevorratung denn das ist überflüssiges Gewicht und das wird teuer bezahlt.

Solltet ihr Fragen, Feedback oder Anregungen haben, so könnt ihr euch sehr gerne melden: 004915209956400 auch gerne per WhatsApp.

Was ist meine berufliche Perspektive nach dem Weg?

Der aufmerksame Leser weiß es bestimmt. Ich habe mich nicht entschieden - wozu auch - sondern werde den Dingen ihren Lauf lassen. Ganz gleich ob eCommerce, agile Transformation, Tattoos oder Bücher schreiben. Ich werde mich von meinem Weg inspirieren lassen. Mein Weg wird mir das geben was ich brauche - ich kann nun darauf vertrauen und ich werde keine Entscheidung mit dem Kopf sondern lediglich mit dem Bauch treffen. Jeden Tag erneut!

Und dir liebe Unterstützerin mittelständischer Unternehmen vom Jakobsweg, ich hoffe ihr seid gut angekommen und falls du das hier liest, dann melde dich gerne – vielleicht können wir uns gegenseitig im Support des Mittelstandes beflügeln.

Euch allen ein dickes Dankeschön 🤍

Ich möchte mich bei allen Bedanken, die diesen Blog verfolgt haben. Es freut und ehrt mich sehr, dass ich den einen oder anderen damit inspirieren konnte und ihr Spaß am Lesen hattet. So wird es – durch den Blog beflügelt, zwei Gebirgstürmer rund um Aachen geben (Buen Camino) und ich hoffe, dass die geteilten Ereignisse auch beim ein oder anderen ein Anstoß, für die ein oder andere emotionale Regung oder die Hinterfragung der eigenen Perspektive war 🤍.

Danke liebe Pilgerfamilie und Pilgerfreunde, ihr alle wart und seit etwas besonderes und ich werde euch nie vergessen. Ihr habt mich bei diesem Teil meiner Transformation begleitet und mich stets unterstützt, indem ihr mir neue Wege gezeigt habt. Ihr habt mir durch die vielen Gespräche neue Perspektiven aufgezeigt und klargemacht, was das Wesentliche im Leben ist. Danke, dass man sich auf jeden von euch verlassen konnte 🤍.

Ganz besonders möchte ich mich bei meiner geliebten Sany bedanken. Sie hat zu Hause die Stellung gehalten, sich um die Kinder gekümmert und zusammen mit Werner Wasserschäden bekämpft. Sany hat mich darin bestärkt, die Ferne zu suchen ohne zu wissen wie sehr sich mein Leben dreht – das verdient meinen größten Respekt. Danke dir liebe Sany – ich liebe dich und danke, dass es uns gibt 🤍.

Danke auch unserer lieben Noemi, die ihre Mama und Paul liebe- und verständnisvoll unterstützt hat, mir das wichtigste Untensil meiner Reise geschenkt hat (den weltbesten Ultraleichtrucksack). Du bist ein tolles, großes Mädchen – bleib immer so wie du bist 🤍.

Danke lieber Paul für die zahlreichen Küsse aufs Telefon und dafür, dass du so brav auf mich verzichten konntest. Du bist ein toller Sohnemann und wirst es immer sein 🤍.

Danke dir, liebe Gabriele fürs mitfiebern. Danke für deine Aufmunterungen, Gedichte und konstruktiven Anregungen zwischendurch – es hat mich Stolz gemacht, dass ich dich ein wenig inspirieren konnte 🤍.

Danke liebe Christel, dass du mich so nimmst, wie ich bin und als Mutter mit mir gefiebert hast. Danke auch für deine Zweifel und Sorgen zu Beginn meiner Reise, sie haben mich zusätzlich bestärkt 🤍.

Danke liebe Alsdorfer Familie, danke liebe Luna-Bluna und Lilly-Brilli für die tolle Abschiedsfeier und die Geschenke, sowie das ganz besondere Buch mit so schönen Wünschen und Inspirationen. Schön, dass ihr stolz auf mich seid – aber ich bin einfach nur gewandert – jeden Tag, 20 Kilometer. Ihr wart stets ein wichtiger Teil meines Weges und werdet es immer sein 🤍.

Liebe Karin und lieber Werner, danke euch für die Unterstützung bei der Beseitigung des Wasserschadens und dafür, dass ihr immer für uns da seid. Danke, für eure große Hilfe. Ja, lieber Werner, der Camino hätte dir gut gefallen – du kannst ihn immer noch gehen. Und dir liebe Karin, danke für deine sorgsam gewählten Zeilen in meinem Schatzbuch – sie haben mich tief berührt 🤍.

Ein dickes Dankeschön an meinen Orthopäden, der mir vor 10 Wochen sagte,ich könne den Weg nicht gehen. Als ich ihm erklärte, dass ich auf jeden Fall gehen werde, erwiderte er perplex „wenn überhaupt dann mit 20 Kilogramm wenniger auf den Rippen“. Er hat den Stein ins rollen gebracht meine Ernähung zu überdenken. Ich habe dadurch in 1,5 Monaten 7 Kilogramm verloren – vor dem „Camino Francés“ und das hat gereicht 🤍.

Danke liebes Physiotherapeutenteam der Praxis „proaktiver“ in Alsdorf. Das Team hat mich spontan 4 Wochen lang gedehnt , gezogen und gestreckt und mich damit nach 20 Jahren der Starre beweglich gemacht. Sie haben meine Hüfte großartig gerichtet und mich mit Tipps zur Dehnung versorgt. Ich habe es geschafft 🤍.

Danke liebe Heidi Tassin „als Dame aus dem Internet“ (und der Realität) für deine wertvollen Tipps rund um die Wasserblasen, Knochenhautentzündung, das Wandern, die Herbergen und den Camino allgemein – du hast mir meinen Weg wesentlich geebnet und mich mit deiner Weltsicht inspiriert. Insbesondere danke für dein „u.A..“, ich wollte die letzten Tage weiterwandern – hatte die gewohnte Aktivität als Pilger im Visir und du hast mir eine Abkürzung vorgeschlagen. Auf meine Frage wohin ich dort wohl wandern kann, antwortest du mit „u.A.“ – genau, ich könnte auch einfach ich selbst sein und mich finden … u.A. … das war die bessere Option! Kombiniert mit den anderen Erfahrungen aus der letzten Herberge war dies ein wesentlicher Schlüssel zu mir selbst 🤍.

Danke liebe Gudrun für das Fernreiki das du dem ungläubigen Thomas gespendet hast. Ob es funktioniert hat, das kann ich – natürlich – nicht zweifelsfrei sagen. Und danke für dein Lachen – ich habe es bis hier gespürt 🤍.

Danke lieber Marcel, dass du unsere Familie unterstützt hast und die Reisen wesentlich vereinfachen konntest. Danke für deine Hilfe bei mir zu Haus 🤍.

Danke lieber Stefan für die tolle, gemeinsame Trainingszeit und unsere Freundschaft. Und danke für die reflektierten Korrekturen der Perspektiven. Bald geht es wieder an den Blausteinsee und zum wandern 🤍!

Danke lieber Kubi, dass du wieder ein Teil meines Lebens bist und danke für unsere lebenslange Freundschaft 🤍.

Danke an alle, die mich in meiner Reise unterstützt haben. Einmalig und Einzigartig! Und denkt darüber nach, euch selbst diese Erfahrung zu schenken 🤍!

Danke „Camino Francés“ 🤍!

Buen Camino!

#Tag 22: Schritte einer Geisha

Um 6:30 Uhr geht mein Wecker und ich stehe auf und fühle in meine Füße hinein. Die rechte Wasserblase am Fersen war eigentlich verheilt, fühlt sich inzwischen empfindlich an – da wird sich doch wohl keine Entzündung einschleichen? Der Ballen ist unverändert und ich mache Fotos, denn sehen kann ich die Wasserblasen an der Stelle nicht. Zur Einschätzung der Gesamtsituation werfe noch einen Blick in die „Camino-Ninja App“ und muss feststellen, dass in den nächsten Ortschaften und auch am Tagesziel „Terradillos de los Templaroos“ in 26,4 km keinerlei Gesundheitszentren oder Ärzte ansässig sind. Daher entscheide ich mich zu bleiben und zur Mittagszeit mit meinen Blasen vorstellig zu werden.

Manchmal frage ich mich wieviel Show und Marketing hinter dem Weg steckt. Hier ein Pilger in – sagen wir mal – traditioneller Uniform

Ich schreibe Astrid eine Whatsapp und teile ihr mit, dass sie mit dem anderen niederländischen Pärchen leider alleine weiterziehen muss und bedanke mich für die gemeinsame Zeit. Sie hat mir viel von sich und ihrer Familie erzählt und auch ich habe von meiner Vergangenheit geplaudert. Es wahren tolle Gespräche die zum Nachdenken angeregt haben – dafür ist er da der Camino – danke liebe Astrid!

Was mich am Meisten aus unseren Gesprächen beeindruckt hat, ist die Notwendigkeit des Inneren „ICHS“, die Geschichte, Situation und Motivation der eigenen Eltern zu verstehen. Sie sagt, „nur wenn man mit den Eltern oder Menschen die einem wichtig sind, zu deren Lebzeiten über die Dinge und Fragen spricht, die einem wichtig oder unverständlich sind und ggf. die Beziehung nachhaltig emotional beeinflussen, kann man die Motivation und/oder die Situation dahinter verstehen und damit Frieden schließen.“ Spricht man nicht darüber, wird es keine befriedigende Antwort geben.

Das klingt logisch und ich bin sicher jeder von uns kann in seinen tiefen Windungen des Gehirns ein paar Fragen zu seiner Kindheit oder sich selbst finden, die des klärens Wert scheinen. Oder?

Die Sonne scheint und die nächste Runde ist eingeleitet. Vamos!

Ich gehe Frühstücken und kann endlich wieder – wenn auch nur kurz – mit einem Teil meiner Alsdorfer Familie telefonieren. Ich vermisse sie sehr und es ist ein komisches Gefühl zu sehen, wie schnell sich mein kleiner Paulemann weiterentwickelt. Auf einem Foto sehe ich wie seine liebevolle Schwester ihm hilft, einen dicken Ast zu tragen – wunderschön. Danke liebe Noemi, du bist ein tolles großes Mädchen und danke, dass du deinen Paul so sehr liebst ♥️.

Ich freue mich darauf, sie alle endlich wieder in die Arme zu schließen und wir beratschlagen die Optionen für meinen Heimweg. Alle Flüge aus „Santiago de Compostela“ sind an Ostern überteuert – die beste Option wäre es, wenn ich (erst nach Ostern) an meinem Geburtstag heimreise. Die überschüssige Zeit könnte ich meiner Langsamkeit gönnen oder noch bis ans Ende der Welt wandern – Finistera!

Gedacht, besprochen, getan – ich fliege an meinem Geburtstag von Santiago nach Amsterdam und werde dort von meiner besten Alsdorfer Familie der Welt aufgegabelt. Ein Wiedersehen – das schönste Geschenk das man sich wünschen kann. Vorab jedoch zurück in die Realität des Caminos.

„Hier werden sie geholfen.“ das Gesundheitszentrum in Spanien.

Das im Ort ansässige Gesundheitszentrum hat keine guten Bewertungen im Internet und auch von außen ist es wenig einladend. Aber ich brauche eine Lösung für die knackig gefüllten kleinen Wasserblasen an meinem Beinfortsatz. Heute habe ich mehr Glück – die Pforten sind geöffnet – und das 23 Minuten vor 12:00 Uhr. Die Wartezeit kann sich mit sechs Minuten sehen lassen.

Eine ältere Dame wird vor mir behandelt, sie hat wirklich Schmerzen und dagegen sind meine selbstverschuldeten Hautabhebungen reine Peanuts! Die Blasen werden aufgestochen, manuell entleert und dann frisch in Sterilität gehüllt – ein Akt in 5 Minuten. Zur Sicherheit frage ich anschließend angespannt nach – alles gut, ich kann weiterlaufen – aber neue Schuhe sollte ich mir gönnen – 1,5 Größen mehr darf es sein. Die alten Schuhe werden geschnürt, der Rucksack gesattelt und los gehts!

Ich laufe eine ¾ Tagestour mit knapp 19 Kilometer. Es geht eine lange gerade Strecke an der Straße entlang, dann gerade aus, gerade aus ins Feld und dann zur Abwechslung schnurgerade ins Ziel. 19 langweilige, Kilometer – aber dennoch schön.

Ich mache viele Pausen, teile mir das Wasser ein und gönne meinen Füßen alle 5 Kilometer frische Luft. Ich spüre meine Füße, wie sie kribbeln und aufathmen, sich ausdehnen, sobald sie in Freiheit gelangen. Der Fokus meiner Sinne liegt auf dem Fuß und das ist nicht gut, denn zu viel Achtsamkeit macht sich mit gesteigertem Schmerzempfinden bemerkbar.

Die letzten 4 Kilometer werden die Hölle und ich lenke mich mit einem Hörspiel ab. Dann wieder Pause, weiterlaufen und bei der nächsten Sitzmöglichkeit unter einem Verschlag kommt – ich kann nicht mehr – die letzte Pause des Tages.

Völlig erschöpft: ein Verschlag für Pilger soll meine letzte Rast für heute sein. Rettung naht (?)

Und plötzlich, ich kann mein Glück nicht fassen, höre ich ein Auto auf dem Schotterweg. Das erste Auto des Tages – auf meinem Weg. Schnell die Schuhe an, den Rucksack dürftig auf die Schulter gepackt und los zum Feldweg.

Ein weißer Toyota Pickup kommt angebrummt, Staubwolken begleiten ihn und ich bin sicher, dass er mich die letzten drei Kilometer mitnimmt. Wo soll er auch anders hin, es geht nur gerade aus. Er kommt immer näher und ich will gerade meinen Daumen zücken, als er direkt vor meinem Verschlag rechts querfeldein ins Feld entschwindet. Er fährt eine Abkürzung durchs Gelände, tiefe Pfützen, er schlingert ein paar mal hin und her, er hat Spaß – und weg ist er.

Kurz vor der letzten Rast sind es noch 405 km nach „Santiago de Compostela“ geht man von 775 Kilometern Strecke aus war es bereits Halbzeit. Manche Angaben gehen bis zu 850 Kilometern – dann steht die Halbzeit noch bevor.

Schade, das wäre toll gewesen. Aber es gibt keine Wahl, weiter gehts mit starken Schnerzen an den Füßen und so laufe ich die letzten Meter humpelnd wie eine Geisha mit künstlich verjüngten und verkrüppelten Füßen auf dem Strich – meines Weges – geradewegs zur Herberge.

Es wird ausgepackt, flott geduscht, das Bett gerichtet und dann gehts zum Pilgermahl. Ich fühle mich wie frisch geboren!

#Tag 21: Halbzeit im Staffellauf

In Spanien misst man offensichtlich mit unterschiedlichem Maß, denn wir kommen immer wieder an Pilgermarkierungen am Wegrand vorbei, die die Entfernung bis zur Kathedrale von „Santiago de Compostela“ zeigen. Allerdings zeigen sie mal mehr und mal weniger Kilometer bis zum Ziel – und ja, die Marschrichtung ist konstant und ich gehe auch in die richtige Richtung.

Auf jeden Fall ist heute Halbzeit der geplanten 42 Tage. Laut den gelaufenen Kilometern dürften es noch 390 km bis zur Kathedrale sein, laut Anzeige in der Herberge sind es 405 km und im Dorf zeigt man noch 442 km. Was denn nun?

Aber im Grunde ist es mit den Kilometern auch egal, denn das Risiko liegt nicht im Mittelpunkt des Weges, sondern verlagert sich zum Südpol meiner Route und konzentriert sich auf die letzten 5 Wandertage.

Die Kandier aus unserer Gruppe haben bereits die Herbergen für die letzten 100 Kilometer gebucht. Das klingt verrückt, denn sie haben sich damit jegliche Flexibilität genommen und so stellt sich die Frage nach dem „warum“? Sie erzählen von einem drohenden Engpass der Herbergen vor „Santiago de Compostela“.

1. Zur Ostermesse möchten viele Pilger die Kathedrale von Santiago besuchen und zudem gibt es dieses Jahr ein großes christliches Fest.

2. Damit die Spannung am Anschlag bleibt, wird die Situation dadurch verschärft, dass in Spanien Feiertage an einem Sonntag, auf die folgende Arbeitswoche verschoben werden. Somit gibt es für alle Spanier an Ostern eine lange, freie und damit sehr reizvolle Pilger-Woche.

3. Um die Urkunde der „Compostela“ zu erhalten muss man keine 820km wandern. Es reichen letztendlich die letzten 100 Kilometer insofern man diese brav mit zwei Stempel pro Tag belegt – quasi ähnlich dem Bonusheft beim Zahnahrzt. Hat man am Ende einen zu wenig, ist man raus und bei diesen Stempeln setzt das dritte Risiko an.

Es gibt einen Tourismuszweig, der sich gegen Entgelt darauf spezialisiert hat, ganze Busse voll Möchtegernpilger von Herberge zu Herberge zu fahren, damit diese ihr Stempelheftchen füllen können. Da die Busse i.d.R. vor den Wanderern ankommen, nehmen sie deren wohlverdiente Ruhestätten weg.

Jetzt stelle man sich vor, dass eine Menschenschlange aus echten Pilgern wie erschöpfte Zinnsoldaten in einer Reihe steht. Nun gebe man die gesamten Pilgerfamilien der Spanier hinzu und addiert dann noch die Busreisenden Betrüger, die sich gierig und ungeduldig vom Parkplatz einschleichen. So bekommt man in etwa eine Vorstellung wie das Finale verläuft.

Nach 700km Wanderung gibt es sicherlich schönere Momente als die letzten 5 Tage auf dem Jakobsweg in einer supermarktähnlichen Schlange zu pilgern. Auch wenn man sich dort nur geringfügig drehen muss, um neue Lebensgeschichten, Erfahrungen und damit Perspektiven zu erfahren. Der bisherige Weg ist sicherlich attraktiver.

Aber was bedeutet es nun für mich? Ich müsste buchen (Herbergen und Flug) oder noch besser vor dem Wanderstau die letzten 100 km absolvieren. Aber es ist für mich noch nicht planbar (siehe nächste Zeilen) und eine Beschleunigung oder Hetze ist auch nicht vorteilhaft, denn die wird definitiv mit neuen Blasen bestraft. Ich werde in 100 Kilometern bei Leon entscheiden.

Meine Knochenhautentzündung ist dank der elastischen Binde nicht mehr spürbar – Problem gelöst. Vielleicht hat auch die Salbe geholfen oder aber die zwei Portionen Reiki. Oder alles zusammen. Egal!

Für den Merkzettel: Sehnenproblem, Knochenhautentzündung oder auch „Shin Splints“ genannt - fest sitzende elastische Bandange - fertig!

Heute ist dennoch nicht mein Tag. Ich komme nach nur 19,5km mental wirklich angeschlagen in der Herberge „Carrión de los Condes“ an. Meine unteren Gliedmaßen spielen mit mir offensichtlich Staffellauf. Kaum ist ein Problem gelöst, ist das nächste am Start.

Heute freue ich mich über ein schmerzfreies Bein und zack – da sind sie wieder, meine Wasserblasen unter dem Ballen. Die alten wurden vor Wochen erfolgreich zurückgedrängt und jetzt wollten sie doch ans Tageslicht.

Damit sie nicht so einsam sind haben sie das nebenstehende Gewebe überredet und gemeinsam 3-4 Blasen am linken Ballen gegründet. Nun sind sie da, prall gefüllt und sorgen mit deren Schmerz dafür, dass ich keinen Schnerzmangel erleide.

Ich empfinde es schon fast lästig immer nur über Wehwehchen zu schreiben, aber es tauchen ständig Neue auf. Den Rest kennt ihr im Grunde schon.

Ich gehe wie üblich ins „Centro de Salude“, möchte dort eintreten und stelle fest, dass die Türen fest verschlossen sind. Die Öffnungszeiten sind 24h an jedem Tag der Woche. Das Licht ist aus und kein Mensch ist zusehen und das fühlt sich nicht gut an. Zumal ich mich mit den ungeschützten Blasen hierher geschleppt habe. Ich klingle, klopfe, rüttle an der Tür – kein Erfolg.

Ich gebe auf und versuche es nach dem Abendessen nochmal (wir suchen im Übrigen 1h lang verzweifelt nach einem geöffneten Restaurant). Gegen 21:30 Uhr lerne ich, dass es strickte Öffnungszeiten für Wasserblasen gibt. Um 12:00 Uhr zu Mittag und abends um 18:00 Uhr genau vor dem Sandmännchen. Ganz nach dem Motto „guten Mittag Herr Blase“, vielleicht aber auch nicht, denn mit den Öffnungszeiten nimmt man es in Spanien absolut nicht genau. Schon garnicht während einem Fußballländerspiel …

Morgen Früh wird entschieden, wie es weitergeht.

Buen Camino ♥️

#Tag 20: Hoffnung verleiht Flügel

Kanada, Frankreich, Australien, Niederlande, Deutschland … der kulturelle Mix ist wirklich erstaunlich.

Meine Zimmergenossin stürmt gegen 4:30 Uhr Morgens unser Herbergszimmer, welches wir uns mit einem Deutschen teilen, der alle Herausforderungen des Camino Francés tiefenentspannt mit der Batterie seines E-Bikes meistert. Ich frage sie, ob alles in Ordnung sei und sie teilt mir entsetzt mit, dass alle Räume verschlossen sind.

Ich schließe aus der spürbaren Dringlichkeit, dass auch die Toiletten – sie befinden sich üblicher Weise in Räumen – verschlossen sind und wundere mich darüber nicht. Hier in Spanien und insbesondere in der Herberge ist wirklich alles möglich.

Ich verspüre einen naheliegenden Wunsch, aber er ist mir offensichtlich verwehrt. Also drehe ich mich um und schließe die Augen und spare mir die Erleichterung wiederwillig für später auf.

Am Morgen erfahre ich, dass lediglich der Aufenthaltsraum verschlossen war. Wir müssen innerlich über den Interpretations(frei)raum, die daraus gewachsenen Missverständnisse lachen und laufen los.

Nach nur 11km machen wir Rast. Mein Schienbein ist zu dieser Zeit bereits so stark geschwollen, wie am Vortag nach stolzen 20km. Zur Abwechslung verfärbt es sich leicht – nennen wir es abgedunkelt, wie ein UV-Filter – und sorgt damit für ein ungutes Gefühl. Es sieht seltsam aus!

In der Bar angekommen, gibt es das fünfte Frühstück des Tages. Die erste Portion gab es in der „Herberge der verschlossenen Räume“, die Zweite war eine der 999 anderen Fliegen, die den ganzen Tag hochmotiviert um meinen Kopf schwirrten. Sie hat ihren Lebensmut genau im richtigen Moment, tollkühn mit Überschallgeschwindigkeit gezielt in meinen Rachen gesteuert. Dummer Weise haben es zwei ihrer Verwandten gesehen und es ihr gleich getan. Protein hab ich vorerst genug und passend zu meiner Beinfarbe bekomme ich in der Bar, Eis für meine Kühlung dieser. Das tut gut und das Bein schwillt etwas ab und auch die Farbe verwandelt sich in das übliche Rot. Es wird besser!

Was tun? Ich bin wirklich beunruhigt, zu tiefst betrübt und auch Astrid merkt, dass ich mental wirklich am Boden bin. Aber es wird weiter gehen, es muss eine Lösung geben. Ich kühle weiter und denke nach.

Es gibt kein Schicksal, es gibt nur Entscheidungen. Manche Entscheidungen sind leicht und manche nicht und das sind die, auf die es ankommt - die uns zu dem Menschen machen der wir sind, uns zum Ziel bringen oder auch nicht. Diese Entscheidung ist eine dieser Tragweite. 

Ich habe drei ggf. auch vier Optionen. Ich laufe bis zum nächsten Dorf (8km) zur dortigen Herberge, kehre ein und verlasse mein geschätztes Team. Oder ich laufe die restlichen 13km bis zum Tagesziel und suche dort das „Centro de Salud“ auf. Alternativ könnte ich nach dem nächsten Dorf mit dem Taxi nach „Frómista“ fahren und dort einen Arzt oder Apotheker befragen. Ich könnte auch ein paar Tage mit dem Fahrrad fahren – sofern man diese leihen könnte. Ich weiß es nicht?

Warum geschieht dies? Ich habe die Blasen überlebt, jetzt laufe ich auf meiner Knochenhaut dahin und dann? Soll es meine Lektion sein, auf meinen Körper zu achten und dessen Grenzen zu respektieren. Ich denke mehr Achtsamkeit wäre grundsätzlich nicht verkehrt.

Oder gibt es doch so etwas wie Schicksal? Ich bekomme von einer Freundin aus den virtuellen Welten einen spirituellen Tipp, das Reiki bei einer Knochenhautentzündung Berge versetzen kann. Genau das ist es was ich brauche – mal eben einen Berg versetzt. Sie schreibt „ich müsste nur jemanden finden, der bei mir Reiki praktizieren kann“. Kein Problem, ich habe es vor über 15 Jahren bis zum Dritten Grad gelernt – um zu sehen, ob es tatsächlich funktioniert. Ich hatte zwar eindeutige Beweise bei Tieren, die keinen Placeboeffekt unterliegen können und habe es trotzdem seither nie wieder praktiziert. Man nannte mich damals den „ungläubigen Thomas“. Aber das gute an Reiki – man verlernt es nie.

Es ist zumindest einen Versuch Wert. Das ist der Funke Hoffnung nach dem ich gesucht habe, mein Strohhalm des Tages. Ich werde das Problem lösen und werde es schaffen weiter zu gehen.

Unser vierköpfiges Pilgerteam (Niederlande und Kanada) ist zu diesem Zeitpunkt bereits seit ca. 30 Minuten aus der Bar aufgebrochen und auf dem Weg nach Fórmista. Lediglich Astrid hat beschlossen, mich zu begleiten und mich zu unterstützen, auch wenn wir spät ankommen sollten. Die langsame Geschwindigkeit und zahlreichen Pausen sind auch für sie gut, sagt sie. Ein dickes Dankeschön dafür.

Mein Bein ist nach der regelmäßigen Kühlung, den zahlreichen Pausen und meinem neuen Hoffnungsschimmer wesentlich weniger geschwollen und nur noch im Standard-Rot

Die neue Hoffnung verleiht Flügel und wir holen die anderen Pilger bald ungewollt ein. Wie konnte das sein, wir sind doch nicht schneller unterwegs als sonst. Oder doch? Ich prüfe unsere Geschwindigkeit – nein, statt üblicher 4 bis 4,5 km/h sind wir stolze 5,4 km/h unterwegs – ohne es zu merken. Wir bremsen uns ein, aber es geht nicht. Nur sechs Kilometer vor dem Ziel kehren wir nochmals ein und ich kühle mein Bein und gebe schon mal eine Portion Reiki, zudem trinke ich weitere 1,5 Liter Wasser, … bis zum Abend sollen es fast 4,5 Liter sein.

Aber – zufällig (?) – sind wir nach 25,3km Fußmarsch in der Stadt „Frómista“ angelangt. Jetzt kommt der zweite, entscheidende Tipp – Heidi und auch mein Herbergsvater erinnern mich daran: Es ist die Stadt meines Beitrages vom 14.03. – mit der Wunderapotheke und des bekannten Apothekers mit seinen Heilelexieren. Das soll meine Lösung sein! Ein unendliches Dankeschön!!

Es dürfte nicht wesentlich überraschen, dass die Apotheke in der Nähe der zufällig gewählten Herberge liegt und zudem geöffnet hat. Ich irritierte das Personal, indem ich den Namen des Apothekers „Juan Ramón Rodríguez“ einfordere. Aber er ist nicht da und so verlassen beide freundlichen Pharmazeuten die Apotheke, um ihn von seinem privaten Zuhause zu holen. Er kommt – ich strahle bis hinter beide Ohren – und zeige mein Malleur. Er greift nachbdem Schienbein und stellt fest, dass er „die Sehne kratzen fühlen kann“.

Autsch – allein die Vorstellung tut weh – und ich denke auf Basis seiner Reaktion, dass mein Camino nun beendet ist.

Aber nein! Ich bekomme eine elastische Wadenbandage, eine selbst gebraute Wunder-Creme für das Schienbein, und eine weitere für Wasserblasen dazu. Das Beste ist, ich kann weiterlaufen!

Wohl bekanntester Apotheker auf dem Camino: Juan Ramón Rodríguez Medina Av. del Ingeniero Rivera, 21, 34440 Frómista

Ich muss morgends und Abends cremen und die Schiene tagsüber tragen – 10 bis 14 Tage – und das war’s. So einfach zu lösen wie meine Sehnenscheidenentzündung durch mein Training mit den Wanderstöcken – ihr erinnert euch vielleicht.

Ein Traum, wir gehen essen – die besten Spearrips und die beste selbstgemachte Sangria der Welt. Natürlich – ich bin überglücklich, da ich keine Pause machen muss.

Elastische Wadenbandage, durchblutungsförderndes, aber dennoch kühlendes Gebräu sowie eine Creme gegen Wasserblasen

Ich bin unendlich dankbar – Buen Camino!

#Tag 18: Mittelfinger für falschen Ehrgeiz

Meine Wasserblasen heilen und jucken die ganze Nacht und ich schlafe trotz Einzelzimmer sehr unruhig. Ich stehe gegen 8:00 Uhr wie gerädert auf und merke, dass mein linkes Schienbein sich anders anfühlt. Das Bein ist kaum noch geschwollen, dafür fühlt es sich innen an, als wäre es nicht zugehörig. Wie ein hartes, unbewegliches Element innerhalb meines Körpers. Vermutlich spüre ich den Übeltäter persönlich – die einzelne entzündete Sehne an der Knochenhaut – das Luder!

Statt zu meinem Körper zu finden, entwickle ich mich quasi rückwärts. Meine Fußsohlen fühlen sich nicht zugehörig an, Schienbein ebenso. Wenn das so weitergeht werde ich mich von innen heraus zu einem neuen Menschen wandeln. Geht also auch so 🤣.

Ich möchte nicht länger ruhen und überlege welche Entfernung ich heute gehen kann. Wenn ich die ausscheidenden Pilgerfreunde treffen möchte, dann müsste ich heute 1,5 Tagestrecken gehen. Das wären 30,2 km – eigentlich machbar – aber nur eigentlich.

Falscher Ehrgeiz – Wunsch meiner Gedanken: 30,2 km.

Allerdings spricht das Höhenprofil dagegen – zu viel Anstrengung durch Steigungen und Abstiege. Das wäre Selbstzerstörung für meine Sehne und daher werde ich nur eine Wanderung von nur 9,6 km machen. Es ärgert mich, ich möchte gerne etwas weiter gehen, aber alle Herbergen im nachgelagerten Dorf (15 km) haben wegen Corona geschlossen.

Die Realität: ein Steinwurf entfernt: 10,2 km.

Ich wandere bei 4 Grad mit Winterjacke und kurzen Hosen los (dank Zip-off Hosen kein Problem). So lässt sich mein Schienbein neben dem Kühlgel mittels nachhaltiger Windenergie zusätzlich kühlen. Ob es hilft – ich weiß es nicht.

Natürliche Kühlung, läuft!

Ich laufe mit durchschnittlich 4,5 km/h – das ist für mich mit Rucksack recht gut. Allerdings werde ich laufend von anderen Pilgern überholt. Sie bleiben natürlich auch nicht überall stehen, entdecken nicht all die kleinen, schöne Dinge am Wegesrand und müssen auch nicht alle paar Meter Fotos machen. Ich frage mich, ob die zwei Italiener gerade auch das Reh gesehen haben? Trotz dieses Bewusstseins ist es für mich frustrierend immer langsam zu sein.

Ich frage mich, was ist normal – die Langsamkeit, die laufende Dokumentation, wie auch mein Blog hier – oder einfach nur den Weg für sich selbst zu gehen. Die „Roadrunner“ ziehen ihren Weg durch, dokumentieren ausschließlich mit ihrer Erinnerung und die ist vergänglich – auch teilen sie ihre Erfahrung nicht. Aber was ist die richtige Mischung? Ich weiß es nicht.

Als gefühlt „Getriebener“ ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich zurückblicke und schaue ob der nächste Pilger naht um mich zu überholen. Das treibt mich unnötig „schnell“ voran, denn ich habe bei den wenigen Kilometern wirklich keine Not. Ich sollte besser mein Schienbein schönen. Aber ich kann es nicht lassen, ich lasse mich – unnötig – von meinem Inneren treiben!

Meinem Ehrgeiz zum trotz mache ich erst mal eine Pause. Währenddessen kommt ein Mann aus Norwegen vorüber und frägt mich, ob alles gut bei mir sei. Ich sage „ja“ und erzähle von meinem kleinen Maleur am linken Schienbein. Auch er meint, dass es völlig normal sei, dass man eine Knochenhautentzündung auf dem Camino bekommt. Es sei ungefährlich, kann aber sehr Schmerzhaft werden und die Ursache liegt – wie Heidi schon sagte – darin, dass ich zu wenig trinke. Die Knochenhaut und das Schienbein trocknet dadurch aus, sagt er.

Ich trinke zur Zeit knapp zwei Liter und werde das Volumen nochmals steigen – 1 Liter auf 5 Kilometer sind mein neues Ziel (zum Glück Wasser und kein Benzin). Ich nehme also mein Ingwer-Wasser und eine Dose Monster und setze an – Prost!

Ob ich meinen falschen Ehrgeiz fürs Wandern auf dem Camino ablegen werde oder ob er Teil meiner Persönlichkeit bleibt? Wir werden sehen.

Ich schreibe der „Hospitalera“ Heidi einen Zwischenstand über mein Schienbein und dass ich ab morgen wieder Vollgas geben möchte. Sie meint: „Genieß den Weg, schau links und rechts und nimm Dir die Zeit, die Du brauchst! Ich glaube mit Vollgas bist du bisher im Leben unterwegs gewesen …!“. Damit hat sie völlig Recht. Sie rät mir daher „Nimm Dir die Zeit, die Du brauchst und sieh es als beste Investition in Dich selbst!“ und dann nennt sie mich vermeintliche Schnecke einen „Formel1-Pilger“ der gerade im „Safety-Car“ sitzt und meint „… du weißt, überholen führt zur Disqualifikation!“. Die Metapher ist so deutlich, wie ich es brauche – Danke!!

An der Herberge angekommen. „High Noon“ – ist auch zu früh!

Um 12:00 Uhr Mittags treffe ich an der städtischen Herberge in „Hornillos del Camino“ ein, ich will eintreten und muss erfahren, dass ich eine Stunde zu früh angekommen bin. Ich muss warten. Ein willkommener Mittelfinger an meinen Ehrgeiz – das musste so sein und ich schmunzle kräftig in mich hinein – und so „büße“ ich meinen falschen Ehrgeiz bei einem Kaffee mit Ingwer-Wasser in einer Bar ein.

13:03 Uhr starte ich einen neuen Versuch – dieses Mal mit Erfolg. Der freundliche Mann am Empfang erzählt mir seine Geschichte der Entschleunigung: er lebt im Sommer in Ibiza auf der Insel „Formentera“ und verkauft am Strand Ohrringe und Schmuck. Dort besitzt er ein kleines Haus. Im Winter ist auf der Insel alles geschlossen und daher reist er auf den Jakobsweg. Dort arbeitet er in öffentlichen Non-Profit-Herbergen als Voluntär, d.h. er arbeitet ohne Bezahlung und bekommt im Gegenzug Unterkunft und Proviant gestellt. Er geniest sein Leben jeden Tag, er putzt und macht Frühstück für die Pilger und wandert nach 16:00 Uhr vor sich hin. Seine Ausstrahlung lässt sich an Sympathie, Entspannung und erfülltem Leben kaum überbieten.

Nach diesem interessanten Gespräch gehe ich Duschen. Meine heutigen, beiden Zimmergenossen – die zwei Roadrunner aus Italien – liegen schon im Bett, schlafen tief und furzen – danke!

Aber gut, was macht das für einen Sinn, sie stehen früh auf, rennen die Strecke ab, um dann den halben Tag zu verschlafen. Hatte ich nicht letzt geschrieben, dass man seine Ressourcen weise einsetzen soll? Dieses Bildnis der Roadrunner rundet auf jeden Fall meine Erfahrung für heute ab – danke liebes Karma für diesen großartig langsamen Tag.

#Tag 16: eine Frage der Perspektive

Ich telefoniere mit Heidi (die erfahrene Pilgerin und gute Seele aus dem Internet) und Frage um deren Rat wegen meiner Knochenhautentzündung. Sie meint, es sei völlig normal, dass man auf dem Weg eine Knochenhautentzündung bekommt. Ich soll so viel wie möglich trinken, getrockneten Ingwer kauen und eine Anikasalbe auftragen. Ebenso den Fuß mit einem „Gel Fria“ kühlen und das Gewicht meines Rucksacks um 1-2 kg reduzieren – „Balast abwerfen – auch Menthal“ sagt sie.

Gesagt, getan – zumindest physisch wird nach dem Aufwachen aussortiert: Blasenpflaster, unnötiger Vorrat an Bandagen, Thermounterwäsche, Handschuhe, ein paar Mitbringsel und ein paar Erdnüsse treten den Heimweg an. Dabei ist auch – schweren Herzens die Thermosflasche, welche ich von Sany – meiner Freundin – extra für meinen Camino bekommen habe. Sie wiegt leer 630 Gramm und daher muss das mir werte Andenken zugunsten meiner Gesundheit weichen.

„Zur Schonung meiner Gelenke, soll ich den Rucksack umpacken“ sagt sie. Ich hatte bislang gelernt, dass die schwereren Utensilien nach unten gepackt werden. Jetzt sollen die schwereren Dinge an den Rücken in Nähe der Schulterblätter möglichst Körpernah gepackt werden. Die Perspektive verschiebt sich von „oben und unten“ hin zu „Körpernah und Körperfern“. Ich will es probieren und stelle fest, dass nach der Gewichtskorrektur nicht mehr viel schweres übrig ist – das ist auch gut so. Das Schwerste sind die Medikamente aufgrund der vielen Errungenschaften wie Salben und Tinkturen für meine Blessuren.

Nach dem inzwischen üblichen Besuch der Apotheke ging es gestern Abend mit Alexandra und Hugo zum Abendessen in ein typisch spanisches Restaurant.

Wieder vereint – unsere Wandergruppe, die den Tag als Freiheit liebt und abendlichen Austausch sucht.

Ich habe im Restaurant eine regionale Spezialität genossen – eine außergewöhnliche Mixtur von Blutwurst, künstlichem Glasaal, Ei, Speck, Kartoffeln und Knusperbrot. Dazu gab es ein Maß Bier aus einem Wasserkrug.

Sehr empfehlenswert die Spanische „morcilla“

Während unserem Beisammensein führten wir sehr intensive Gespräche über den Camino – mit Google-Taranslate. Ich stellte die Hypothese in den Raum, dass der Weg von Alexandra und Hugo nicht zu einer außerordentlich, intensiven, persönlichen Erfahrung führen kann, da die Intensität der Probleme geringer ist (man schont sich mehr) und die Dauer der Probleme womöglich zu kurz ist und so womöglich weniger Grenzerfahrung den persönlichen Wandel treibt.

Hugo meint, ich würde den Camino völlig falsch verstehen. Ich sehe ihn rein physisch, man müsse nach meiner Interpretation über das Leid des Weges seine Persönlichkeit verändern. Er meint, es geht nur um die Erfahrung, die Inspiration über andere Perspektiven mit gleichgesinnten Pilgern. Er hat keine Erwartung an den Weg, außer interessante Menschen zu treffen und darüber den eigenen Horizont zu erweitern.

Alexandra sieht es ähnlich, „da die Menschen auf dem Camino eine ähnliche Weltoffenheit haben, können die Menschen das eigene Leben bereichern“ sagt sie. Sie möchte von den unterschiedlichen Perspektiven lernen, den eigenen Horizont erweitern und durch den Austausch wachsen. „Auf dem Camino wird niemand verurteilt, alles ist realer und intensiver, das Genießen, das Leiden, das Leben.“

Interessant, wie unterschiedlich der gleiche Weg erlebt werden kann. Und ja, es geht nicht darum, das eigene Kreuz zu Grabe zu tragen, sondern darum zu wachsen. Ich werde viel darüber nachdenken und meine Perspektive hinterfragen oder zumindest anreichern. Wahnsinn! Was für ein tolles Gespräch – danke 🙏🏻.

Eine kurze Pause vor einer kleinen Kirche am Wegesrand. Es gibt Wasser mit Ingwer und eine dicke Portion Creme für mein Schienbein.

Ich verlasse meine Unterkunft heute erst gegen 12:00 Uhr. Zunächst reichlich Wasser und Ingwer einkaufen. Dazu noch ein paar Mandeln für zu Hause und dann ab zur Post.

Vorab schneide ich den Ingwer mit meinem riesigen Messer auf einem Fenstersims einer Bank. Ich gebe ihn in meine Flaschen und denke dabei an die Serie „Haus des Geldes“ – ob sie schon Verstärkung rufen?

Heute ist mein „Jetzt-werde-zu-zuhause-Tag“ – der Tag an dem physischer Ballast abgeladen wird. Den Rucksack mit dem manthalen Ballast will ich noch finden, um ihn zu leeren.

Meine Rücksendung bringt stolze 2,475 kg auf die Waage und die Post möchte sich mit meiner Paketsendung vergolden. Stolze 41 Euro soll ich für ein kleines Päckchen berappen und so nehme ich das Angebot von Heidi gerne an und schicke es zu ihr nach Spanien (letzte Etappe vor „Santiago di Compostela“) – für „nur“ 19,25 Euro.

Interessant ist die Selbstverständlichkeit dieser Paketsendung – kein einziger Gedanke wurde daran verschwendet, dass ich dort vielleicht niemals ankommen würde. Natürlich nicht! „Ein Urban lässt sich nicht aufhalten“ hat letzt ein guter Freund gesagt und auch der Mexikaner Luis meinte gestern beim Abendessen, dass er sicher sei, dass ich meinen Camino in „Santiago di Compostela“ beenden werde. Schauen wir mal – aber ich tippe auch auf „ja“.

So zurück zur Post – bis ich das Paket verschickt habe dauert es eine Stunde. Die Dame schreibt den Aufkleber, druckt aus, klebt zu, … kein Wunder das es so teuer ist. Denn sie hat freundlicher Weise die ganze Arbeit übernommen. Danke!

Nun geht es endlich Nassgeschwitzt aus der Post – in den Regen – zu meinem Schongang. Ich trage eine Süßigkeit die ich meinen Lieben zu Hause als Überaschung ins Paket packen wollte mit mir herum, da sie nicht mehr ins Paket passte. Was mache ich damit? Ein paar Meter weiter sitzt eine Bettlerin an der kunstvoll verzierten Brücke – ich schenke sie ihr und sie strahlt überglücklich.

Heute geht es aus der wunderschönen Stadt „Burgos“ nur einen kleinen Spaziergang von 11 km weit nach Tardajos“ – eine halbe, gewöhnliche Tagestour. Die Strecke ist totlangweilig, geht wieder an Straßen entlang und macht einfach keinen Spaß.

Selbst die Pause, bei der ich mir eine fettige Pizza gönne macht keinen Spaß. Und der Weg zieht sich endlos.

In der wunderschönen Herberge „Albergue de Casa de Beli“ angekommen, wird ausgiebig geduscht, Wäsche gewaschen und der Fuß den Rest des Abends mit Eiswürfeln gekühlt. Die Schwellungen werden quasi weggefohren ❄️ – so der Plan. Und dann wird nachgedacht … Buen Camino!