Marktplatz MVP und Voraussetzungen für einen erfolgreichen Marktplatz
Marktplatz als MVP Um das Erfolgspotential und die Digitale Reife des Unternehmens zu testen ist es sinnvoll, dass zunächst auf bestehenden Marktplätzen verkauft wird. Dort können viele Erfahrungen, potentielle Services gewonnen werden und das Unternehmen bekommt ein Verständnis dafür, welche Komplexität mit dem Marktplatz geschaffen wird. In einer zweiten Phase kann ein Dropshippingmodell für die weitere Skalierung genutzt werden um das Unternehmen sukzessive auf den Marktplatz vorzubereiten und alle Prozesse sukzessive zu skalieren. Sind alle Prozesse eingeschliffen, gibt es relevante Kundenmehrwerte, ist die Reantabilität der maximalen Komplexität kalkuliert und gibt es ein unternehmensweites, langfristiges Comittement zur Transformation des Gesamtunternehmens zum Marktplatz, dann kann der Marktplatz auf Basis eines nachhaltig anhaltenden Invests gestartet werden.
Ein Marktplatz ist eine besondere Herausforderung für Unternehmen, es ist ein neues Geschäftsmodell in das das gesamte Unternehmen transformiert werden will. Viele Unternehmen sehen darin einen zweiten Vertriebskanal der zusätzlich zu den historisch gewachsenen Vertriebswegen bestehen soll – ein gravierender Fehler.
Voraussetzungen für Marktplatzerfolg 1. Agile Organisation mit Fehlerkultur 2. Comittement zur Transformation des Gesamtunternehmens zur Plattform 3. Langfristig reine Plattformstrategie - kein eigener Vertrieb auf Plattform 4. Priorisierung für Konsument, Verkäufer und Operator durch eigene Teams 5. Sehr hohe digitale Marktreife und Markenbekanntheit 6. Sehr großer Markt mit sehr vielen, digitalisiert reifen Verkäufern
Ein Marktplatz wird nur durch viele Services für die Verkäufer und Endverbraucher rentabel und dies bedarf einer rein produktbezogenen Entwicklung. Der Marktplatz wird dadurch zur Serviceplattform und braucht vollen Support vom Unternehmen.
Verkäuft der Marktplatzbetreiber eigenständig auf dem Marktplatz, so geht er in direkten Wettbewerb zuseinen Verkäufern und senkt damit deren Motivation. Alternativ lässt er die Vorteile bei seinen Vertriebspartnern und verkauft nicht. Dieser Konflikt zieht sich durch das gesamte Marktplatzuniversum und endet bei der Priorisierung.
Die Datgen zwischen Operator und Seller sind strikt zu trennen und die Priorisierung muss auf die jeweilige Zielgruppe sichergestellt werden. Hierzu bedarf es einer agilen Organisation die auf die drei Zielgruppen maßgeschneidert ist abzielen.
Insbesondere muss die Rentabilität des Marktplatzes vollständig betrachtet werden. Die Entwicklung und Softwareinfrastruktur kostet viel Geld und will laufend weiterentwickelt werden. Die Paymentkosten schlagen erheblich zu Buche und sollten zumindest teilweise auf die Verkäufer abgewälzt werden. Häufig vergessen wird jedoch die Kundengewinnung über das Onlinemarketing. Abhängig von der Unternehmensreife wird hier mehr Geld ausgegeben als Marktplatzprovision eingenommen werden kann.
Die digitale Marktreife und digitale Markenbekanntheit muss gegeben sein. Wird ein neues Geschäftsmodell eingeführt und muss dieses erst bekannt gemacht werden und das kostet Zeit und viel Invest. Solange der Traffic fehlt, bietet es für die Verkäufer nur wenig Attraktivität und sie werden ihr Bemühen minimieren. Alle Prozesse des Unternehmens müssen nahtlos ineinander übergehen und alle gängigen Sonderfälle automatisiert händeln damit ausreichend Zeit ist die Sonderfälle des Marktplates zu stemmen.
Der Markt muss viele Milliarden Euro schwer sein und über viele tausende potentielle und vor allem digitalisierte Verkäufer verfügen. Ein Marktplatz scheitert nicht selten, da er nicht ausreichend Verkäufer generiert oder aber die Verkäufer den Konsumenten nicht zufrieden stellen. Und nichts ist schlimmer als einen gewonnen Kunden durch die fehlende Servicetreue eines Marktplatzpartners zu verprellen.
1. Braucht ein Marktplatz eine Strategie?
Markplätze sind im Trend, fast jedes Unternehmen möchte Marktführer werden und setzt daher auf die – scheinbaren – Potentiale eines Marktplatzes. Aber wie differenziert man sich der nahenden Fülle an Marktplätzen? Und wie differenziert man sich gegenüber Amazon?
Ein Marktplatz mit reiner Vollsortimentstrategie mit zugehörigem Preis- und Servicevorteil bringt keinen Kundenvorteil, denn das allumfassende Warenhaus gibt es bereits: Amazon. Zudem ist die Vollsortimentstrategie einer Niesche ebenso schnell kontraproduktiv, insofern der Kunde mit einem unübersichtlichen Suchangebot alleine gelassen wird.
Strategische Vorteile von Marktplätzen
Wie jeder eCommerce-Shop benötigt auch ein Marktplatz einen USP. Dieser sollte im Idealfall aus den Werten des Unternehmens und dem Kern der Marke abgeleitet werden. Der (kundenzentrierte) Mehrwert sollte einen Nutzervorteil und im Idealfall ein täglich relevantes Kundenproblem lösen.
Mögliche strategische Vorteile 1. Produktinformationen (Bild, Video, Text, FAQ, ...) 2. Services entlang der Wertschöpfungskette 3. Sortimentskompetenz (Bundles) oder Preisvorteile
Das kann beispielsweise eine perfekt aufbereitete Produktinformation (Bild, Video, Text, FAQ, …) oder eine umfassende Beratung bei kostenintensiven oder erklärungsbedürftige Gütern sein. Dazu eignen sich Videos, Fragen und Antworten zum Produkt oder gar Anwendungsbeispiele.
Eine weiterer Mehrwert könnten Services entlang der Wertschöpfungskette sein. Das könnten beispielsweise ergänzende digitale Services zu der Produktpalette sein, wie ein umfassendes Inspirationsangebot, Anleitungen oder Tricks im Umgang mit dem Sortiment. Für ein Sportgeschäft eignen sich Fitnesstracker die die Sportart erlernen, den Nutzer motivieren und den Kalorienverbrauch oder sonstige Gesundheitsdaten tracken, die Anwendungs- und Nutzergewohnheiten und mit all diesen Daten nächsten Einkauf vereinfachen. Es können aber auch Services sein, die den Nutzer bestmöglich beraten weil er seine Bedingungen konfiguriert und dann ausgewählte Produktvorschläge erhält.
Ein Marktplatz kann den Nutzer auch bei der Anwendung des Produktes unterstützen und an durch Kompetenz an das Unternehmen binden. So lässt sich die Gelingsicherheit der Anwendung für viele Unternehmen im DIY-Segment gezielt steigern und/oder den Kunden durch eine schlaue und vor allem für ihn relevante Inspiration (Personalisierung) ausbauen.
2. Oranisatorische Perspektiven eines Marktplatzes
Ein Marktplatz muss drei Perspektiven abdecken.
Perspektiven eines Marktplatzes 1. Konsument - benötigt ein intuitives Frontend 2. Verkäufer - benötigt ein selbsterklärendes Backend 3. Platformbetreiber - sorgt für Datenqualität und Prozesse
I. Customer Experience
Zunächst die Perspektive des Kunden, der eine überragende, selbsterklärende User-Experience, einen echten Nutzenvorteil und im Idealfall auch einen – zumindest vermuteten – Preisvorteil wünscht. Der Kunde braucht alle gewohnten Zahlarten und eine
II. Seller Experience
Die zweite Perspektive eines Marktplatzes ist der Verkäufer. Er benötigt eine sehr einfache aber zuverlässige Anbindung die ihm seine Produktdaten – möglichst angereichert – in die Plattform integrieren lässt und auf eventuelle Fehler hinweist. Dieses sogenannte Lieferantenonboarding lässt die Daten normieren und zusammenführen damit sie ohne Zutun als perfekte Produktdarstellung für den Konsumenten ausgegeben werden können. Wichtig ist für den Verkäufer auf einem Marktplatz auch, dass er seine Produkte mit entsprechenden Analysen optimieren und sein Sortiment bereinigen kann. Er will auch die Bestellungen manuell oder aber über eine standardisierte Schnittstelle in sein System zur weiteren Verarbeitung transportiert wissen. Sofern seine Systeme aufallen sind sollen selbstverständlich keine Daten verloren gehen. Die Sicht des Verkäufers zeigt entsprechend hohe Komplexität.
III. Operator Experience
Die dritte Perspektive ist die des Anbieters, des Marktplatzbetreibers. Er möchte den Erfolg des Marktplatzes steuern und die Verkäufer bezüglich Kundenservice monitoren. Für ihn sind daher reibungsfrei Prozesse, hoch standardisierte Schnittstellen und zuverlässige Datenstrukturen und -flüsse relevant um dem Nutzer und Seller das Beste Erlebnis zu gewährleisten. Der Anbieter – auch Operator – des Marktplatzes genannt stellt datenführende System bereit, d.h. er ist verantwortlich, dass die Datenqualität beim Import eingehalten und zu keinen Fehlern im System kommt und er ist auch jener, der ein entsprechendes Fehlerhandling bereitstellt.
3. Agile Unternehmenskultur als Voraussetzung für einen Marktplatz
Ein Marktplatz ist immens Personalintensiv, bringt organisatorisch und prozessual eine große Menge an Veränderung eines traditionellen Unternehmens.
Ein Marktplatz benötigt eine hochflexible Arbeitsumgebung und setzt für seinen Erfolg eine agile und klar nach Zielgruppen strukturierte Unternehmenskultur voraus. Dies ist insbesondere deshalb notwendig, da er aus seinen Erfahrungen wachsen und sich zugunsten seiner drei Zielgruppen verändern muss. Diese Erfahrungen ermöglichen dem Marktplatz zusätzliche Services – sofern die richtige Architektur gewählt wurde – für die drei Zielgruppen zu schaffen um damit zusätzliche Einnahmequellen sicherzustellen. Das dauert Zeit und setzt ein Unternehmen mit perfekt organisierten und funktionalen Endkundenprozessen voraus.
Marktplatz ist ein Geschäftsmodell auf Augenhöhe.
Früher spielte der Einkauf – mit Knebelverträgen und maximaler Ausbeutung zur Margensteigerung – eine maßgebliche Rolle, doch diese wurde durch Geschwindigkeit und Nutzen abgelöst. Es ist wichtig mit seinen Partnern und Fachbereichen stets auf Augenhöhe und Lösungsorientiert zu arbeiten. Dadurch wird es möglich, dass gemeinsame Mehrwerte und ein gemeinsames Wachstum erzielt wird und dieses für alle Parteien einen maximalen Vorteil generiert. Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe dient auch dem notwendigen Vertrauen für eine langfristig erfolgreiche Kooperation.
Auf dem Weg zum Ökosystem ist der Marktplatz ein Geschäftsmodell, dass dafür sorgt, dass gemeinsam mit allen Partnern und Unternehemnsbereichen – immer am Kunden orientiert die beste Erfahrung und der maximale Nutzen für den Konsumenten geschaffen wird.
Nach Kunden ausgerichtete Verantwortlichkeit
Eines der großen Themen eines Marktplatzes ist die Priorisierung. Für wen wird die nächste technologisch Lösung entwickelt? Für den Konsumenten der das Geld bringt, für den Verkäufer der optimierte Prozesse benötigt, damit mehr verkauft werden kann oder gar für den Operator, damit die Datenflüsse und die Fehleranfälligkeit sichergestellt wird? Nun, alle drei sind gleich relevant und so ist es unabdingbar, dass alle drei Perspektiven ausreichend betreut werden.
Das Frontend darf ausschließlich aus Sicht des Konsumenten optimiert werden wohingegen das Backend sowohl aus Sicht des Operators und des Verkäufers weiterentwickelt werden will.
Diese Form der Trennung kann Abhängigkeiten und Nebeneffekte auf andere Bereiche bringen und daher setzt sie eine Trennung von Frontend und Backend voraus. Es bedarf einer Headless-Infrastruktur um die Abhängigkeiten auf reine Abstimmungsprozesse zu reduzieren.
4. Marktplatz und Big-Data
Aufgrund der heutigen Möglichkeiten durch KI und Big Data können Firmen das Feedback der Kunden global und in Echtzeit auswerten, um neue Produkte und neue Märkte zu identifizieren und zu testen. Consumer Insights können einfacher denn je für Marketing und Produktentwicklung gewonnen werden.
Die Daten eines Marktplatzes liefern die Chance das Produkt kundenzentriert weiterzuentwickeln und mit den Erfahrungen den Mehrwert und Service für die Kunden stetig auszubauen. Auch können daraus relevante Services aufgebaut werden – z.B. wenn immer wieder die gleichen Probleme auftreten schreit dieses nach einer allumfassenden Lösung für die Seller.
Datadriven Development
Um diese Potentiale zu bergen ist es sinnvoll, wenn die Organisation agil aufgestellt ist und die interdisziplinären Teams datengetriebene Produktenwicklung betreiben. D.h. jede Entwicklung wird mit einer messbaren Hypothese aus Kundensicht beschrieben und anschließend der Erfolg gemessen. Verbessert sich der Wert wird die Entwicklung vollständig umgesetzt und mit Varianten laufend weiter optimiert. Bleibt der Wert gleich oder wird dieser gar schlechter, so wird die Entwicklung nicht fortgeführt und der MVP zurückgebaut. Der Fokus der Tätigkeit liegt in dieser Organisationsstruktur auf Wertstiftender Tätigkeit.
Zur datengetriebenen Produktentwicklung gehört eine gelebte Fehlerkultur. Das Scheitern ist essenzieller Bestandteil um daraus zu lernen und neue Hypothesen zu bilden. Die Innovation wird folglich durch das Scheitern befruchtet. Unternehmen die im Rückspiegel ihrer Vergangenheit gerne nach Fehlern suchen, oder sich über Misserfolge empören verwehren durch ihre Denke den eigenen Fortschritt.
Daten zur physischen Produktoptimierung
Für die Optimierung physischer Produktenwicklung kann das Customer Engagement mittels aktivem Rezensionsmanagement aufgegriffen werden. Oftmals war es vor allem Markenherstellern in der Vergangenheit nicht möglich, direkt mit den Verbrauchern zu interagieren. Heute ist dies möglich. Produktfragen auf Amazon können und sollten beantwortet werden, negative Rezensionen auf Google ebenso.
Durch die Digitalisierung wird im übrigen ein weiterer Vorteil generiert. Oftmals hat der Handel oder die vorgelagerten Vertriebsstufen (Großhandel, Zwischenhändler) den Erfolg von neuen Produkten aus Risikogründen unterbunden. Statt dem Produkt eine Chance zu geben wurde es lieber erst garnicht eingelagert. Dank der Digitalisierung und den Marktplätzen hat jedes Unternehmen die Chance das Produkt selbst zu verproben und ggf. sogar die Produktenwicklung über echte Kundeninformationen bereits in einem frühen Produktentwicklungsstadium zu testen. Dies kann z.B. durch erste Produktdummies erfolgen, die an Interessierte Nutzer mit der Bitte um Bewertung bzw. Feedback abgegeben werden.
NPS – Auswirkung von Veränderungen
Größere Veränderungen im Unternehmen, die für den Konsumenten nicht sichtbar sind, können ebenfalls im digitalen Business gemessen werden. Setzt das Unternehmen einen NetPromoterScore (NPS) ein und befrägt alle Kunden nach seiner Weiterempfehlungsmöglichkeit kann seinen NPS ermitteln. Gibt es Veränderungen die direkt oder indirekt auswirkungen auf den Konsumenten haben, so können diese oftmals durch einen gestiegenen oder gefallenen NPS gemessen werden.
5. Herausforderung: Paymentarten für Marktplatz
Das Thema Payment ist ein Kapitel für sich und sollte vor der Wahl einer Marktplatzssoftware eindeutig geklärt werden.
Der PSP eines Marktplatzes muss multiple Warenkörbe mit Cash-in und Cash-out handhaben können. D.h. er muss eine Transaktion an mehrere Verkäufer aufteilen und die nachgelagerten Rahmenprozesse abbilden. Hierzu ist das Rabattmanagement und das Retourenmanagement gesondert zu betrachten da dadurch die Komplexität steigt.
Viele der PSP-Anbieter Scheuen den Aufwand deiner BAFIN-Lizenz – einer Banklizenz – da diese sehr teuer und sehr pflegebedürftig ist und das Unternehmen nachhaltig verändert – auch verlangsamt. Diese Lizenz ist jedoch notwendig um den Zahlungsverkehr auf mehrere Verkäufer splitten zu können. Anbieter dieser Lösung haben hohe und oftmals auch mehrfache Transaktionskosten für eine Zahlung und belasten damit den Ertrag maßgeblich.
Bietet ein PSP nicht die Funktionalität, so muss auf die gängigsten Zahlarten in Deutschland verzichtet werden. Alternativ wäre eine aufwendige Softwareentwicklung mit dem Ergebnis, dass der Kunde für jeden Verkäufer ein eigenes Opt-In geben müsste – das wäre aus Usability-Sicht ein weiterer Blocker.
Das Thema Payment wird von fertigen Marktplatzlösungen – wie z.B. Mirakl – vollständig funktional angeboten und schlägt in hohen Fixkosten zur Transaktion zu Buche.