#Tag 14: Tunnelblick

Heute schaffe ich es wieder die Herberge als letzter zu verlassen. Das bedeutet den ganzen Tag alleine zu laufen, ich werde nicht überholt und bin auf mich gestellt. Das bedeutet wertvolle Zeit für Gedanken z.B. zu den Gesprächen gestern Nacht. Aber zunächst mein Gesundheitscheck:

Nach 14 Tagen, so sagt man, hat sich der Körper an die neue Normal gewöhnt. Dann hat der Körper wohl verstanden, dass sein Tag durch Fußmarsch ausgelastet wird und der Schreibtisch der Vergangenheit gehört.

Was sagt mein Körper dazu? Sagen wir mal so – meine Füße haben es toleriert. Sie sind wirklich platt gelaufen (also wirklich platt) und bilden eine tellergerade Fläche – ehemals Ballen – die Fußsohlen sind steinhart. Fremd und befremdlich fühlen sie sich an, wie ein zweites paar Schuhe. Vielleicht sollte ich bald einen Hufschmied aufsuchen?

Seit gestern habe ich Probleme mit den Sehnen am Schienbein. Vermutlich werden die Sehnen durch die Schwellungen am Knöchel beeinträchtigt und diese wiederum durch meine Damenstrümpfe aus Nylon motiviert. Letztere schnüren das Schienbein ab und sollen nun der Vergangenheit angehören – mein Ausgleich: eine extra Portion Hirschtalg.

Fühlen wir weiter nach oben: Mein Rücken ist in Ordnung und lehnt sich nur noch minimal gegen mein Gepäck auf und beruhigt sich stets nach einer kurzen Pause. Das Wandern entwickelt sich demnach auch bei mir zur Gewohnheit weiter? Nö! Eben nicht, wie ich am Nachmittag feststellen sollte.

Neu ist, dass ich offensichtlich ein Gespür für Entfernungen entwickle. Nicht selten schätze ich sogar die erste Nachkommastelle korrekt und ich vermute, dass der Camino mit mir verschmilzt? Ebenfalls nein! Die Genauigkeit meiner Schätzung sinkt mit dem Wunsch anzukommen, ab Mittag denke ich nur noch daran anzukommen und überschätze jeden Schritt zu meinen Ungunsten. Das fühlt sich nach Stillstand an und das drückt auf die Motivation.

Auf der Kirche unmittelbar vor der Herberge nisten drei paar Störche.

Wir haben uns gestern Nacht über das Leben ausgetauscht, z.B. einem vermeintlichen Zwang von (introvertierten) Menschen die viele Jahre ihres Lebens damit verschwenden und versuchen der (anderen) Norm (?) zu entsprechen. Sie versagen sich ihr Selbst und betäuben ihre Sinne, um eine Anerkennung zu erlangen, als die die sie durch deren Persönlichkeit inne haben. Warum akzeptiert man nicht einfach sein inneres Ich und lässt sich die Chance auf ein Leben mit gleichgesinnten bzw. Menschen die sie ergänzen sind?

Ein(e) Gesprächspartner(in) beschreibt, dass immer wieder die gleichen Menschen angezogen werden, dass man am immer wieder auf die gleichen Probleme stößt. Die Ursache liegt m.E. in der eigenen Persönlichkeit. Die Persönlichkeit weckt das Interesse passender oder ergänzender Charaktere. Solange man sich selbst nicht Wandelt, wird sich wohl auch das beschriebene Dilemma nicht lösen.

Alexandra & Hugo (Spanien), Rafael (Spanien) und Luis (Mexiko)

So wandere ich heute in meinen Gedanken versunken vor mich hin, durchlaufe schöne Ortschaften und mache Rast in einem sehr schönen Restaurant. Direkt am Anfang des heutigen Aufstiegs. Dort treffe ich die beiden Koranerinnen wieder, alle anderen sind schon aus der Lokalität aufgebrochen. Später kommt der 75 jährige Spanier dazu und wir unterhalten uns ein letzte Mal vor seiner Abreise.

So findet die Neue Welt meiner Camino-Wanderfreunde wieder zusammen. Ich gönne mir eine kleine Portion Pasta zu Mittag und wärme mich vor dem Kamin. Meine Füße und meine Seele atmen auf und so breche ich nach einer Stunde auf, die anstehende Steigung in der Wildnis zu erklimmen.

Eine Rast vor dem warmen Ofen. Das ist der wahre Luxus.

Nach einer (zu!) langen Pause geht es los zur letzten, herausfordernden Steigung. Die Knapp 320 Höhenmeter in kurzer Distanz sind nicht das Problem, sondern die nachgelagerten 16 km. Ihr kennt es schon – an dieser Stelle kommt wieder der Kaugummi – der sich so lange zieht wie jeder einzelne Schritt.

Ich erlebe es erneut, das mentale Loch: es fordert mich heraus, ich bin am Ende, die Füße schmerzen und mein Blick fokussiert sich erneut und blendet alles Unwesentliche aus. Da ist er wieder der Tunnelblick! Der Moment wenn der Körper am Ende ist und alle lebensunwichtigen Sinnesreize ausblendet um Energie zu sparen. Das unmissverständliche Signal für eine Pause – Zeit für mein Schatzbuch.

Ich lese mein Schatzbuch von meiner lieben Noemi. Mitten im Wald freue mich über ihre Gedanken über unseren Abschied, zu meiner Reise und unser Wiedersehen. Danke liebe Noemi – ich bin Stolz auf dich und unsere Familie und das gibt mir erneut Kraft. Ich wandere weiter bis zur Herberge.

Nun bin ich müde, geh zur Ruh und mache meine Äuglein zu. Buen Camino!

#Tag 13: walk the line

Das übliche Morgenritual – ich verarzte die Füße und sichere die Pflaster mit Omnifix, schmiere den Rest dick mit Hirschtalg ein, ziehe den pseudo Coronaschutzbezug aus Papier von der Plastikmatratze und Kopfkissen ab, packe meinen Rucksack, dann gehts zum Wasser nachfüllen und auf die Plätze, fertig, los.

Heute bin ich der Vorletzte, der die Herberge verlässt – ich werde besser ;-).

Neben meinem recht entspannten Wanderweg nisten viele Storche. Die meisten sind mit Nestbau beschäftigt und dabei belegen sie tatsächlich alles, was ausreichend Fläche bietet. Felsen, Nistmasten oder Schornsteine. Bei letzteren bleibt der Nachwuchs wenigstens schön warm, sofern das Ei nicht vorab durchgekocht wurde.

Storch beim Nestbau ♥️

Ich starte auf jeden Fall glücklich und zu frieden in den Tag und lasse es gemütlich angehen. Ich bin früh los und brauche 5-6 Stunden. Die ca. 250 Höhenmeter verteilen sich auf den ganzen Weg und der geht schnurgerade – eine Linie und fast die gesamte Reise direkt neben der Autobahn.

Es ist schon fast frustrierend, dass das Navi auf dieser geraden Strecke kaum benötigt wird. Aber eben nur fast, denn auch hier in Spanien gibt es listige Geschäftsleute oder Kinder mit dem Schalk im Nacken, die die Pilger mit gelben Pfeilen vom Weg zu ihrem Ladengeschäft oder abseits locken und dann der guten Hoffnung sind, dass sich die verirrten Wanderer über den Umweg freuen.

Das Frühstück gibt es auf einer Bank und ich esse das Brot welches ich seit Logroño mit mir herumtrage. Dazu einen heißen Tee aus der Herberge von vorgestern – ok, das macht keinen Sinn. Und zur Krönung gibt es noch ein paar gesalzene Mandeln obendrauf – was will man mehr?

Sobald etwas zwickt wird heute Pausiert und der Körper nimmt die Entlastung dankend an. Und genau so geht es für heute Schmerzfrei weiter.

Ich mache Mittagspause in einem Imbiss, deren Inhaberin kostenloses Frühstück nach Wahl, frisch zubereitet für Pilger anbietet und sich ausschließlich über Spenden finanziert. Jeder gibt was er kann und was er mag. Dort gibt es auch eine Kiste, wo Pilger Utensilien hinterlassen können, die sie nicht mehr benötigen. Andere Pilger können diese bei Bedarf kostenlos mitnehmen. Wie bemerkenswert das selbstlose Leben der Dame.

Am Abend erfahre ich von Pilgerfreunden, das während deren Anwesenheit sich ein, unter dem Deckmantel „religiöser Pilger“ – tatsächlich jedoch ein übler Schnorrer – fürstlich bedienen ließ und wutentbrannt von dannen stapfte – ohne Dankeschön oder Spende – als er erfuhr, dass die Übernachtung für ihn nicht kostenlos sei. Wie schamlos manche Menschen sind und sich nicht mal an einfache faire Regeln halten!

Nach meiner Stärkung und meiner Spende für die Dame habe ich ein Gespräch mit einem Haeadhunter für einen großen französischen Pharmakonzern. Es läuten die Alarmglocken als Wörter fallen wie: „wollen moderner sein, …“ oder „möchten sich Zeitgemäß aufstellen“ … die signalisieren, dass sie sich nur ein wenig anpassen wollen und nicht verstanden haben, dass die moderne Arbeitswelt sie überholen und überflüssig machen wird. Sie wollen sich waschen, ohne sich nass zu machen. Das habe ich schon einmal erlebt. Ich beschließe weiterzumachen, der Geschäftsführerin auf den Zahn zu fühlen um zu sehen, ob ich ihr die Potentiale für sie und ihr Unternehmen verständlich machen kann.

Ich denke lange darüber nach, es ist soviel mehr möglich: Commerce als Keimzelle zur Transformation zum agilen Organismus, um daraus digitale Geschäftsmodelle der Zukunft zu Entwickeln. Zeitgemäße Marktführer besitzen keine Produkte mehr, sie vermitteln Mehrwerte und Services für den Konsumenten, sie betreiben Plattformbusiness. Sie disruptieren ihre Branche indem sie die Lieferketten neu denken und alte Machtverhältnisse kippen.

Und die Pharmabranche ist genau so ein Beispiel, ebenso die Welt der Juristen oder die Finanzwelt von morgen. Versteht ihr was ich meine? Hier ein paar Beispiele.

Genau das ist es, was ich mit SOLSUC bezwecke – das ist es was ich mit meiner Selbständigkeit bewirken will. Das Gespräch zeigt mir das Potential, dass man erschließen kann, wenn sich kapitalstarke Marktführer selbst bedingungslos disruptieren und nicht darauf warten, bis es andere tun – ich brenne vor Motivation!

Nun aber zurück zu meinem Weg. Heute geht es durch einige Dörfer die zum großen Teil verlassen sind. Diese alten Schönheiten sind eine Schande, dass sie nun ihrem Verfall entgegen sehen. So viele Details, alte Fenster und massive Eingangstüren – sind sie nicht wunderschön?

Ich laufe weiter entlang der Autobahn (die vermutlich unangenehmste Teilstrecke des Jakobsweges) und bemerke, wie der Wegrand von vielen kleinen Schönheiten gesäumt wird.

„Michaelashaar“ – der Name entstand vor vielen Jahren, da sich die Distel so ähnlich anfühlt wie mein 3mm geschorenes Haupthaar.

Ich setze meinen Weg fort und betrachte meinen Fortschritt – viele kleine Schritte haben dazu geführt, dass ich in den kommenden Tage bereits ⅓ der Gesamtstrecke hinter mir gelassen haben werde.

Den Abend verbringe ich mit der gestrigen Geburtstagstruppe. Der Mexikaner und ich treffen das Pärchen im Restaurant und es gibt einen schmackhaften Tagesabschluss für 13,- Euro.

Sooooooooo lecker 🤤

#Tag 12: das mentale Ding und die Apokalypse

Ich habe bis 11:00 Uhr einen wichtigen beruflichen Termin und habe mir deswegen gestern ein günstiges Einzelzimmer gegönnt.

Luxus pur! Ein Zimmer mit eigenem Bett und Bad ♥️

Ich stehe zeitig auf, verpacke meine Utensilien und die inzwischen getrocknete Wäsche in den Rucksack und bereite parallel meinen beruflichen Termin vor. Startklar & marschbereit mit geschnürten Wanderschuhen, vollständig getaped und dem ungebändigten Tatendrang zu Laufen sitze ich beim Gespräch im Badezimmer zwischen Dusche und Toilette. Warum? Ist doch klar, denn nur hier gibt es ungestören Empfang.

Nachgelagert geht es zum wohlverdienten Frühstück in der Herberge und es gibt leckeren Kaffee, Brötchen und Croissant.

Wohl gestärkt geht es weiter zum „Servico Riojano de Salud“ da ich jegliche Entzündung und damit den vermeintlichen Totalausfall durch eine Blutvergiftung präventiv ausschließen möchte. Dort angekommen muss ich eine Stunde warten und mir läuft die Zeit für meinen Weg davon. Ich will heute – trotz Regen – die Standardpilgerroute dieser „Etappe“ hinter mich bringen.

Am Empfang spricht man spanisch, aber man versteht mich mit Händen und Füßen und ich bekomme eine Zimmernummer mit Uhrzeit zugewiesen. Damit sie mir nicht versehentlich den Fuß amputieren, übersetze ich schon mal meine Geschichte auf spanisch, da ich schnellstmöglich zurück auf den Weg möchte.

Ergebnis: alle Maßnahmen von meinen virtuellen Freund:innen waren perfekt – alles Bestens! Keine Bandagen mehr, nur noch die einstige Wasserblase hat noch einen Rest an Schwabbel behalten. Der Rest meiner immer noch namenlosen Freunden ist vorbildlich gedörrt. Entsprechend geht es weiter, die nächsten Medikamente (Mercromina ein antiseptisches Mittel das die Blasen sehr schnell austrocknet) in der Apotheke kaufen, damit ich bald als portabler Pharmastand aus dem Rucksack Medikamente in Einzeldosen an vorbeiziehende Pilger verkaufen kann.

Um 13:40 Uhr geht es endlich los und erst mal an auf dem Felsen nistenden Klapperstörchen vorbei. Ich starte zu der Zeit, wo ich üblicher Weise in meiner Herberge ankommen würde. Und ja, ich möchte immer noch unbedingt ca. 22,5 km nach „Santo Domingo de la Calzada“ wandern, um dort in die Gemeindeherberge mit über 250 Betten zu übernachten.

Klapperstörche nisten auf der Spitze des Felsen und geben mir den Takt vor

Ich laufe mit maximaler Geschwindigkeit und halte das Niveau – zumindest die ersten sechs Kilometer. Dann ist Zeit für eine kurze Pause auf der wohl einzig trockenen Bank im Dorf. Anschließend geht es – sagen wir mal bedingt motiviert – bei Regen weiter in die Weinberge.

Gestern noch habe ich mich über lehmigen Boden gefreut, da er die Füße schont. Heute habe ich genug davon, danke! Er klebt nass, gefühlte Meter hoch unter meinen Füßen – und so hat mir Mutter Natur quasi die biologisch abbaubaren Highheels zu meinen Nylonsocken verpasst.

Nicht sonderlich schön, aber – sagen wir mal – wenigstens besonders herausfordernd. So eile ich mit schwerem Schlamm unter meinen Füßen mit Gegenwind und Regen der Erschöpfung entgegen. Ein schier endloser Weg gegen den Wind. Alle Meter schaue ich ernüchtert auf mein Navi und erlebe den Fortschritt – nur eben in Zeitlupe.

Noch ein wenig traumatisiert vom ersten Tag, laufe ich mit großem Respekt einer Steigung von weniger als 260 Höhenmeter am Ende meines Weges entgegen. Der Weg zieht sich wieder wie Kaugummi – nur mit gefühlt maximaler Geschwindigkeit – da mir die Steigung kurz vor dem Ende wie Blei im Nacken sitzt. Wieder eine mentale Blockade – doch es geht höher, höher, höher und höher. Ich denke ehrfürchtig: wie schlimm vermag nur die letzte große Steigung sein? Es sind immer noch 6 km bis zum Ziel.

Ich bin am Ende, kann und mag nicht mehr und plötzlich kommt ein Aussichtsplatz, der mich mit dem einzig trockenem Platz im Windschatten eines Baumes zur Rast einlädt. Ich trinke etwas und spüre wie die Kälte in mich zieht.

Ich mache rast und will mir im nächsten Dorf ein Taxi nehmen – die Steigung zum Finale setzte ich dieses Mal aus – und der Gedanke der Vernunft gibt mir Kraft. Mit dieser Motivation sehe ich mir die geleisteten Höhe meiner bisherigen Wanderung an und mein Herz beginnt wieder zu schlagen, es schöpft neue Energie. Die zurückliegende Steigung war das Problem kurz vor Schluss. Ich werde die restlichen sechs Kilometer laufen – ich werde gewinnen!

Plötzlich vorbei – das mentale Ding!

Gegen 17:23 Uhr betrete ich das letzte Dorf vor dem Ziel und bemerke nach einer Weile, dass alle – wirklich alle – Rolläden des Dorfes herabgelassen sind. Und das obwohl noch 2 Stunden bis zum Sonnenubtergang verbleiben.

Ich laufe weiter und stelle fest, das nirgendwo ein Licht brennt und auch kein Mensch zu sehen ist. Eine Zombiestadt nach der Apokalypse? Nein, der einzig valide Beweis, dass es doch noch Überlebende gibt, sind Golfer die aus einem regengeschütztem Verschlag heraus ihre Bälle in die Ferne klopfen. Ein wenig weiter zielt ein Kind von der anderen Straßenseite mit seinem Golfball und Schläger auf mich und ich beschließe lieber schnell weiterziehen, bevor ich die Treffsicherheit des vermeintlich Untoten am eigenen Leib verspüren muss.

In der „Albergue“ angekommen wird flott ausgepackt und ich folge gegen 19:30 Uhr den Essenstipps meiner dortigen Pilgerkollegen. Das erste Restaurant hat inzwischen geschlossen, das zweite auch. Es gibt Bars, lasse ich mir von einem weiteren Restaurant das noch im Aufbau ist sagen, die finde ich jedoch nicht. Also weitersuchen … nichts … und so setze ich mich in ein Nobelrestaurant und warte bis 20:00 Uhr, denn dann soll angeblich ein Restaurant in der Nähe der „Albergue“ öffnen. Und siehe da – plötzlich sind mehrere Lokalitäten just in der Nähe der Herberge geöffnet und ich bekomme ein dreistufiges Pilgermenü – mit einer Flasche Wein (15,00 Euro).

So komme ich (un)dankbar für die überflüssigen Kilometer, aufgrund ungepflegter Öffnungszeiten bei Google, in der Herberge an und stoße gerade noch rechtzeitig zur Geburtstagsfeier einer Spanierin, die mir seit gestern immer wieder mit ihrem Freund begegnet. Also sitzen wir beisammen, zwei Vietnamesinnen, ein Mexikaner, ein Spanier und das Geburtstagspaar und feiern.

Von meiner lieben Familie ♥️ habe ich heute Morgen ein wunderschönes sehr passendes Gedicht zugeschickt bekommen und das muss ich mir nochmal vor der Nachtruhe einverleiben. Danke für die Muse! Ich will es zum Abschluss des Tages dem alten Olivenbaum widmen:

Gestutzte Eiche (heute: Olivenbaum)

„Wie haben sie dich, Baum, verschnitten
Wie stehst du fremd und sonderbar!
Wie hast du hundertmal gelitten,
Bis nichts in dir als Trotz und Wille war!
Ich bin wie du, mit dem verschnittnen,
Gequälten Leben brach ich nicht
Und tauche täglich aus durchlittnen
Roheiten neu die Stirn ins Licht.
Was in mir weich und zart gewesen,
Hat mir die Welt zu Tod gehöhnt,
Doch unzerstörbar ist mein Wesen,
Ich bin zufrieden, bin versöhnt,
Geduldig neue Blätter treib ich
Aus Ästen hundertmal zerspellt,
Und allem Weh zu Trotze bleib ich
Verliebt in die verrückte Welt.“

(Hermann Hesse)

#Tag 11: er ist dann mal weg

Ich träume bis zum Morgengrauen von meinen Füßen – das hat man nicht oft, es sei denn, man ist Fußfetischist – und bin frustriert, als meine sechs nur flüchtig bekannten Zimmergenoss:innen packen und bereits vor 8:00 Uhr weiterziehen.

Feinstrumpfhosen unter den Wandersocken reduzieren die Reibung und damit Blasenbildung. Leider habe ich sie zu spät eingesetzt.

Vielleicht liegt die nächtliche Sehnsucht an der Sorge vor einer Entzündung oder aber den Schmerzen, vielleicht aber auch an meinen schicken Feinstrumpfhosen unter den Wandersocken? Immerhin hätte ich es mir nie träumen lassen, dass ich mal eigene Laufmaschen habe. Warum ich von den Füßen träume? Ich weiß es nicht und es ist mir im Grunde auch egal. Ich möchte gerne unbeschwert weiterwandern, aber das ist vermutlich nicht das Ziel des Weges – fürchte ich.

Eine Pilgerfreundin (aus dem www) schrieb mir kürzlich „Ich hab die Erfahrung gemacht, dass der Camino unser altes Ich „zertrümmert“ und aus den Trümmern unseres alten Ichs uns neu zusammen setzt!“ … und ja, ich glaube, dass so etwas durch den Schmerz, die vielen schönen Dinge und die lange Zeit mit sich selbst passiert. Ich bin sehr gespannt was sich in meinem Leben verändert und freue mich neugierig darauf.

Noch im Bett ruhend, aus Angst vor dem Aufstehen und dem möglichen Schmerz (=Wanderstop), ist die Zeit gekommen einen ersten Blick in mein Schatzbuch zu werfen, welches ich vor meiner Abreise geschenkt bekommen habe. Die Zeilen, die ich von meiner Freundin Sany lese sind wunderschön, sie tun gut, wärmen das Herz und lassen mich positiv gestimmt aufstehen. Kein Schmerz – und vor allem – danke für deine Liebe ❤️

Mein ganz persönlicher Begleiter auf dem Jakobsweg. Mein Schatzbuch vollgepackt mit Fotos, Buchstabenfolgen aus Liebe 🏡

Wer meinen Blog halbwegs regelmäßig verfolgt vermisst die Fotos vom grandiosen Frühstück und üppigem Abendessen. Der Weg hat mich umgerüstet, es gibt Nüsse, Brötchen aus dem Supermarkt – als Pausensnack unterwegs auf einem Stein und zum Abendessen was sparsames, vielleicht eingünstiges Pilgermenü. Geht auch!

Frühstück auf einem Stein am Wegesrand. Neben meinem Magen freut sich mein Rücken und die Füße.

Ich laufe erstmals dank der Fersenschaumstoff-Puffer (siehe Fußfoto) aus der Ambulanz gestern Abend schmerzbefreit und spüre nur noch das Mehrgewicht meines Rucksacks in meinen Hüften. So geht also das Spiel? Kommt jetzt jede Körperstelle einzeln dran? Vermutlich besser so, als alles auf einen Streich.

Nicht sexy, aber das Erste was hilft. Der Schaumstoff federt jeden Druck von der Blase erfolgreich ab und sieht in etwa aus, wie ein Serano-Schinken. Grandios!

Egal, zwischen den endlosen Weinreben – am Ende habe ich vermutlich jede Rebsorte aus Spanien durchlaufen – bemerke ich einen Stein im linken Schuh und halte neben einem Graben. Ich denke noch – da darf der Wanderschuh nicht hineinfallen und plums: er ist dann mal weg!

Er ist dann mal weg – mein Schuh …

Zum Glück habe ich meine Wanderstöcke am Rucksack. Ich ziehe sie auf volle Länge aus und denke dabei an ein YouTube-Video über Wanderstöcke nach, das ich in meiner Vorbereitungsphase angesehen hatte, wo ein erfahrener Wanderer eine volle Stunde lang über Wanderstöcke sinniert. Er hat dabei wirklich alles an Vor- und Nachteilen erwähnt (sogar, dass man mit dem Wanderstock seinen Sitzplatz von Schafkötteln befreien kann), aber glatt vergessen, dass man mit ihnen hervorragend Schuhe bergen kann. Erleichtert darüber, dass es so einfach ging, ziehe ich den Schuh wieder an und weiter gehts.

Bereits um 14:00 Uhr komme ich nach 18 km Wanderung in der Herberge in „Nájera“ an und freue mich, noch so viel Zeit zu haben. Die Strecke gestern und heute wären unter normalen Umständen eine Tagesstrecke gewesen. Ich liege durch die Blasen ca. drei Tage (ca 60km) hinter der verbliebenen Pilgerfamilie zurück. So ist es eben und daher widme ich mich erst mal meiner häuslichen Pflichten.

Als ich meine Wäsche von Hand wasche und über meine Leine quer durchs Hotellzimmer zum trocknen hänge, sehe ich im Spiegel Schatten auf meinen Beinen. Krass – das ist meine Oberschenkelmuskulatur, die ich seit der Kindheit nicht mehr zu Gesicht bekommen habe – sie lebt noch (oder wieder?).

Und noch etwas hat sich verändert. Seit heute kann ich wieder meine Füße sehen „sie sind wieder da!“. Warum? Na klar, da sich mein Bauch sukzessive zurück entwickelt.

Neben dem Schmerz zeigen sich also viele kleine positive Veränderungen. Gerne mehr von den positiven Stimulanzien!

♥️ Danke Camino Francés ♥️ danke an alle, die mir diese Erfahrungen ermöglichen ♥️

#Tag 10: ganze 3,4%

Mein Leben dreht sich derzeit um 3,4 % meiner Körperoberfläche, die ich für einen kleinen Moment unachtsam behandelt habe.

Es geht um vier Blasen – ihr kennt sie schon – eine ist inzwischen fast weg, eine ist blutunterlaufen aber schmerzfrei, eine ist kleiner und fühlt sich gut an, eine ist wieder mit Wasser prall gefüllt und damit auf dem gleichen Stand wie vor drei Tagen. Vielleicht sollte ich ihnen Namen geben, da sie ja offensichtlich verweilen wollen?

Ich habe sie zwei Tage geschont, keine Schuhe, kein Zimmer verlassen, sogar meine Badewanne überlistet, damit kein Wasser eindringen kann und dann ist fast alles beim Alten? Ich würde sagen: ich bin enttäuscht!

Ich stehe früh (8:00 Uhr) auf, um einen Apothekemarathon zu absolvieren. Ich stelle fest, dass die Situation in spanischen Apotheken fast genauso ist wie in Deutschland: die Apotheken haben nichts vorrätig und man muss mehrere anlaufen, um alle benötigten Produkte und Medikamente zu erwerben. Zumindest Ersatzprodukte, die Originalprodukte haben sie natürlich nicht!

Nach dem Einkauf schleppe ich meine Beute auf mein Zimmer und packe begierig aus. Es ist erstaunlich wie viel Müll die Pharmaindustrie produziert. Im linken Foto seht ihr die verpackte Ware und rechts ausgepackt.

Nach dem Einkauf mache ich mich ans üppige Frühstück und danach werden meine Blasen behandelt. So der Plan! Nachdem das Krankenhaus in Noroño offensichtlich nichts gebracht hat – vertraue ich auf alternative Methoden. Also steche ich die gefüllte Blase (ohne Blut) mit einer sterilen Spritze auf und entziehe 5 ml Blasenflüssigkeit (das kann sich sehen lassen) und hebe anschließend etwas Wunddesinfektionsmittel hinein (ähnlich Betaisdona). Es brennt. Wieder Desinfektionsmittel von außen drauf, eine antibiotische Salbe dazu und nun wird das Ganze unter Pflaster und Tapes vergraben.

Jetzt kommt – und das ist der Hammer – ein Nylonstrumpf drüber, um die Reibung zu minimieren. Man sagt, dass der Jakobsweg die Persönlichkeit verändert – vielleicht komme ich ja Strumpfhosen und Highheels und Minirock nach Hause?

Ich schaue mir die Tagestour an (kleinst Mögliche Strecke) und entdecke den „Ebro“ – einen Fluß. Wie ein Blitz schlägt er in meinem Kopf ein und ich überlege, ob ich eine Angelpause am „Rio Elbro“ einlege. Der „Rio Ebro“ ist „DER“ Fluss welcher für Waller über 300 cm weltbekannt und das Ziel vieler Angeltouren ist – er liegt zufällig vor meinen Füßen. Nur 500 Meter Entfernt fliest mein Angeltraum dahin!

Nein, ich möchte zurück auf den Weg. Also starte ich und soll schon bald feststellen, dass mein Rücken durch die zwei Tage Pause wieder auf Null gesetzt wurde (ok, ich hab auch viel zusätzlichen Balast eingekauft) und watschle mit meiner Schonhaltung den Weg entlang. Dieses Mal jedoch ohne Schmerzmittel, da ich die Signale meines Körpers nicht länger ignorieren möchte. Hier ein dickes Dankeschön, an meine geliebte Sany – für deren eindringliche Worte wegen des Risikos zu scheitern, insofern ich nicht mehr auf mich achte.

Der Pinguinlauf wird langsam zur Normalität. Heute mit Nylonsocken 😂.

Auf dem Weg aus Logroño heraus gehe ich meine eigene Route und komme ganz zufällig an einem Decathlon vorbei (den suche ich schon lange). Dort kaufe ich noch ein Tape zur Blasenprävention.

Auf einer wenig herausfordernden Strecke werde ich ständig von Fußgängern überholt. Ich bin frustriert aber dennoch dankbar, das ich wenigstens 15 km weitergehen werde. Ich habe dabei viel Zeit und mache am See „Pantano de La Grajera“ eine lange Pause und beobachte drei Angler. Sie fangen Seeforellen (mit Grundblei) und ich freue mich für sie.

Als ich wieder aufbreche, komme ich an ein Seerestaurant und werde von einem Eichhörnchen begrüßt, verfolgt und letzendlich zur Einkehr überredet. Ich möchte einen Kaffee trinken. Der Kellner spricht kein Englisch (wie fast alle hier) aber einen Kaffee auf spanisch bestellen ist kein Problem für mich: „Un gran café negro con zucket“ bestelle ich stolz und bekomme prompt eine „Cola Zero“ geliefert. Läuft – zumindest das „groß“ und „schwarz“ hat er verstanden.

„Un gran café negro con zucket“

Ich komme sehr langsam vorwärts und erst nach 6 Stunden Marsch in der Herberge in „Navarrete“ an. Normaler Weise wäre ich in dieser Zeit ganze 24 km gewandert. Aber gut – ich bin weiter!

In der Herberge angekommen, sehe ich nach meinen „3,4 % Leid“ und stelle fest, dass inzwischen alle Blasen gut unter Saft stehen. Ich zocke also eine neue sterile Spritze, desinfiziere die Wunden und sauge sie leer. Zur Sicherheit frage ich nochmal um Rat und bekomme den Tipp lieber direkt ins Gesundheitszentrum zu gehen. Ich habe genau 15 Minuten Zeit, um das Ziel zu erreichen bevor sie schließen. Es bleibt also spannend!

Also haste ich los und komme gerade noch pünktlich. Statt mir die Blase noch mal zu leeren kleben Sie mir neue Pflaster darüber und geben mir diverse Pufferstützen zum Wandern dazu.

Ich frage sie warum sie die Blasen nicht leeren und sie erklären mir, dass die Blutblase absolut steril gehalten werden muss. Hmmm – da war doch was – ich habe mit der Sprize darin rumgerührt und versucht sie leer zubsaugen?! Ich erzähle von meiner Tat und sie sind entsetzt: ich soll übermorgen zur Kontrolle ob es sich entzündet – na super!

Aber gut, meine Schuld – als „Belohnung“ gibt es am Rückweg erst mal ein (wirklich) großes Bier und einen Keks zum Abendessen.

Abendessen!

Tag 9: Zum Frühstück eine Prise Fremdreflektion gepaart mit Wasserblasenbehandlung

Das Symbol der Jakobsmuscheln kennzeichnet den Weg (die verjüngte Seite ist die Laufrichtung) und stammt vom heiligen Jakobus, dessen Gebeine in Santiago di Compostela ruhen. Er trug stets eine Jakobsmuschel am Hut und Gürtel – quasi sein Markenzeichen.

Maria ist jetzt seit 8:30 Uhr zurück auf unserem Jakobsweg und folgt den Jakobsmuscheln mit ihrem Herzen und ihrem Glauben. Ich wünsche dir viel Erfolg!

Ich sitze dagegen um 9:30 im Speisezimmer des Hotels zum Frühstück (draußen gewittert es und regnet in Strömen) und gönne mir leckeres Rührei mit Speck, Seranoschinken und als Butterersatz gibt es „Bruschetta“ mit Olivenöl. Letzteres ist übrigens eine wesentliche Verbesserung zur herkömmlichen Frühstückserfahrung. Dazu gibt es sechsfachen Espresso und frischgepressten Orangensaft.

Als Alternative zur Butter gibt es in Spanien Bruschetta und Olivenöl- Wahnsinn!

Ich geniese es, ohne Sorge eine Unmenge an Kalorien aufzunehmen, da ich ab morgen wieder 3.000 Kalorien auf dem Weg verbrennen möchte. Ist das nicht schön?

1. Fremdreflektion

Ganz alleine beim Frühstück bleibt die Zeit, den persönlichen Gedanken freien Lauf zu lassen (nicht nur beim Frühstück). Der Camino dient der Selbsterfahrung und dazu seine innere Stimme zu schärfen, seine Grenzen zu erfahren, neue Optionen zu entdecken und Perspektiven zu schaffen. Dabei geht es auch um Fremdwahrnehmung und die persönlichen Stärken. Ich hatte gestern Abend die Idee die Pilgerfamilie zu fragen, ob wir jeweils eine Profilbeschreibung von den anderen machen sollen, sprich mit welchem Mehrwert haben wir die Gruppe ergänzt?

Mein Beitrag zur Gruppe war demnach die Inspiration, Überzeugungskraft, Aufmerksamkeit und Motivation durch meine Hartnäckigkeit (60 km mit großen Blasen). Besonders freut mich das Feedback, dass ich mit meinen „Gedanken und Denkanstößen“ meine Mitstreiter dazu angeregt habe, aus verschiedenen Perspektiven über das eigene Leben nachzudenken und gemeinsam über das Leben zu lachen. Sie sagen „mit meinem Weitblick habe ich geholfen, eine wunderbare Welt zu entdecken“ und die „Familie“ mit meiner Art „integriert“ habe und genau das ist es, was ich mit meiner potentiellen Selbständigkeit erreichen möchte. 

Ich möchte mit SOLSUC anderen Unternehmen helfen, neue Potentiale zu erschließen und die Mitarbeiter als hoch motivierte, reflektierte agile Teams zusammenzufügen, die Spaß an ihrem Einsatz haben und damit echte Mehrwerte fürs Unternehmen schaffen. Das passt schon mal!

Ich selbst habe von unserer „Pilgrim Familia“ aber auch gelernt, dass ein Selbständiger „always on“ bedeuten kann. Es gibt kein Geld, wenn man nicht aktiv ist und die Nachfrage bestimmt den Einsatzzeitpunkt. Ich sehe hier das Risiko für mich, dass ich womöglich durch meine hohe Motivation/ Einsatzbereitschaft kein Ende finden werde. Auf ein Ausgewogenes „Work-Life-Banance“ muss ich wohl besonders achten!

Jetzt aber geht es erst mal zurück ins Hotelzimmer, ab aufs Bett mit dem Ziel die Heilung meiner Blasen zu begünstigen. Ich habe Zeit und schaue in die Socialmedia Kanäle … und siehe da …

2. Wie behandelt man Blasen auf dem Camino Francés?

Mein Blog hilft mir, nachdem ich ihn vorgestern in einer deutschsprachigen Facebookgruppe zum Thema „Camino Francés“ publiziert habe. Die unbekannten Mitleser kommentieren meinen Beitrag und ich bekomme ungefragt viele wertvolle Tipps zum Umgang mit Blasen. Ist das nicht toll? An dieser Stelle mein dickes Dankeschön an alle – insbesondere an Heidi T. T. aus Spanien!

Da ich nicht der einzige Pilger bin, mit diesem Problem, fasse ich die Ergebnisse nachfolgend zusammen (natürlich ohne Gewähr). Ich markiere die Wörter fett, die zusammen eine Einkaufsliste ergeben.

Nylonstrümpfe beugen Blasenbildung vor, da sie die Reibung zwischen Socken und Füß minimieren.
a. Blasen vorbeugen: 
man trägt Nylonsocken unter den Wanderstrümpfen gegen unnötige Reibung, stabilisiert die Haut an gereizten Stellen mit Kinesiologie-Tape bzw. „Omnifix“ von Hoffer.

Spürt man Reibung am Fuß, zieht man zwei Paar Socken über einander und reduziert damit das Blasenrisiko erheblich. Am besten fixiert man die Stelle noch präventiv mit Omnifix - in mehreren Lagen.

Vor dem Wandern cremt man sich seine Füße mir Hirschtalg ein. Das reduziert die Reibung zusätzlich. Und wenn ein Fuß zwackt sofort nachsehen, ggf. Mull bzw ein mullpföaster mit Omnifix über der leicht geröteten Stelle fixieren. Auch ein weißes Tape von Decathlon eignet sich bestens. Es wird einfach auf die gereizte Stelle aufgeklebt, solange noch keine Wasserblase sichtbar ist.

Die Füße müssen während dem wandern trocken sein - das vermeidet Wasserblasen. Dazu trägt man am besten Merino Socken und gönnt den Füßen bei jeder Pause frische Luft. In extremen Fällen tauscht man die Strümpfe mehrfach am Tag aus.

Die Schuhe müssen für sehr große Wanderstrecken (wie den Camino Francés) um 1,5 Größen größer gekauft werden, da die Füße stark anwachsen. Misst, meine sind nur 0,5 Größer!

Anleitung zum Schuhebinden: Wanderschuhe richtig schnüren. Die richtige Schnürtechnik entlastet den Fuß individuell und sorgt für festen Sitz zur Blasenprävention.
b. Behandlung geschlossener Blasen: 
Vorhandene Blasen schont man mit einem Lochpflaster (Lebewohl Druckschutzringe Oval - davon zwei übereinander und/oder Gehwol Schutzpflaster dick, 4 St) und schafft damit ausreichend Abstand zwischen Schuh und Blase - dann kann man weiterwandern! Blasenpflaster von Compeed sind laut einheitlicher Meinung reines Gift (nicht repräsentativ), da sie die Haut aufweichen und die Blase beim wandern vergrößern. Gut dass die Apotheke gestern geschlossen hatte und ich keine nachkaufen konnte! Gefüllte Blasen die nicht entzündet sind, behandelt man wie folgt: Blase ausreichend desinfizieren, mit einer Spritze durch die angehobene Haut stechen und die Flüssigkeit entziehen, dann in die Spritze „Betadine“ aufziehen und durch das gleiche Loch in die Blase spritzen (sodass sich die offene Haut unter der abgehobenen Haut verschließt). Zum austrocknen der Blasen trägt man Mercromina in rot auf, ein antiseptisches Mittel, das wirklich innerhalb eines Tages die Blase trockenlegt. Auf keinen Fall sollte man die abgehobene Haut entfernen (Entzündungsrisiko)!!! Alles desinfizieren, danach die Blase mit „Blastoestimulina“ (oder der Creme aus Fromista (s.u.)) einschmieren, Wundauflage von Cosmopor E drauf und fest zukleben mit Omnifix, fertig!

WICHTIG: Blutblasen müssen steril gehalten werden. Sie dürfen nicht manuell geöffnet werden. Am Besten damit zum Gesundheitszentrum, doer gibts dann Schoner um weiterzuwandern.
c. Offene Blasen und entzündete Blasen 
werden ebenfalls mit „Blastoestimulina Pomada al 1%“ versorgt. Man sollte aber auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen.

Zum Schluß gibt es zu den vielen anderen Empfehlungen noch zwei Geheimtipps.

Erstens: der Apotheker Juan Ramón Rodríguez MedinaAv. del Ingeniero Rivera, 21, 34440 Frómista, Palencia der eigene Wundersalbe gegen Blasen am Fuß hergestellt.

Zweitens: sobald die Blasen eine erste Schutzschicht haben, die das rohe Fleisch bedeckt, kann man jeden Abend ein Fußbad mit lauwarmen Wasser und einem Spritzer Essig machen (wirkt desinfizierend). Dazu gibt es eine große Brise Salz (trocknet die Blase aus)! Nach dem Fußbad soll man die Füße an der Luft trocknen lassen. Man sagt, dass die Blasen dadurch sehr schnell verheilen.
Schaumstoff Fersenschutz. Das entupuppt sich bei mir als Wunderwaffe. Denn mit diesem kann ich seit Tagen trotz großer Blasen erstmals wieder schmerzfrei weiterwandern.

#Tag 8: jeder Abschied ist ein Neuanfang

Nach einer anstrengenden Nacht im Schlafsaal neben völlig betrunkenen Spaniern, die sich ihre Mahlzeit nochmals unbedingt durch den Kopf gehen lassen und ihre Party nicht vor 6:00 Uhr beenden wollten, schlafen wir erst mal aus und liegen bis um 10:00 Uhr im Bett der Herberge.

Unsere Pilger-Familie bricht anschließend zu einem letzten gemeinsamen Frühstück auf. Wir genießen leckere Brötchen und Kaffee in der Sonne auf einem Bürgersteig und planen die Zeit nach unserer Auflösung und sind bedrückt. Die 7 gemeinsamen Tage waren einfach wundervoll und wir alle werden sie vermissen.

Die Henkersmahlzeit! Von links nach Rechts: Michael, Maria, Jessica und Sillian.

Maria – auch 🚀 „Rocket“ 🚀 genannt – die unserer Gruppe stets davongelaufen ist und die Ortschaften als Späher erkundete und schon alles wusste, bis wir endlich ankamen. Sie gewann täglich an Kraft hinzu und hat uns mit ihrer grenzenlosen Energie mitgezogen. Sie war unsere gute Seele und der ausgleichende Pol unserer Gruppe der uns gezeigt hat, dass die Grenzen nur durch den Kopf gesetzt werden. Ihre Stärke und ihr Mut ist bewundernswert und auch ihre Gabe an unseren Gesprächen teilzunehmen, wenngleich sie die Sprachen nicht spricht. Maria wird den Weg alleine weiterwandern und ohne uns nochmal an Geschwindigkeit gewinnen. Muchas gracias! Buen Camino!

Jessica – unser Energiebündel, das stets gute Laune versprühte, immer lachte und mit ihrem Charm stets pragmatische Lösungen für uns geschaffen hat und alles fleißig übersetzte. Sie kämpfte mit Gerechtigkeit für die Familie und setzte sich mit ihrem großen Herzen für uns ein. Jessica wird nun in ihren Alltag zurückkehren und reist mit dem Zug nach Barcelona. Ich werde nie vergessen wie sie uns am ersten Abend vor dem „Hungertod“ bewahrt hat, indem sie den hartnäckigen Kellner davon überzeugte, das sein Feierabend doch noch nicht gekommen war. Danke für die Aufheiterungen und kleinen Aufmerksamkeiten – die gelungene Überraschung mit meinem Lieblingsgetränk „Monster“ hat mir den Schmerz gelindert. Muchas gracias!

Sillian – unser Pilger-Mentor, pausenloser Unterhalter (der immer arbeitete und telefonierte), unser Übersetzer (6 Sprachen) und aufmerksamer Unterstützer dessen Energie grenzenlos ist und sich nicht deaktivieren lässt. Sillian ist ein hoch energetischer Mensch, der seine Berufung zum Beruf gemacht hat: er hilft selbstlos allen Menschen gleichermaßen – ganz gleich ob er sie kennt. Trotz seiner hohen Energiedichte hat er sich für uns ausgebremst, um mit uns eine Pilgerfamilie zu gründen und unser Wohl zu organisieren. Sillian wird jetzt bei einem Freund und Mitarbeiter seiner Entwickimungshilfeorganisation zwei Tage Pause machen und anschließend den Weg mit großen Wanderstrecken am Tag von bis zu 50 km in kürzester Zeit abschließen. Ich werde ihm immer dankbar dafür sein, dass er uns geduldig unterstützte, motivierte und mich am ersten Tag vor der Aufgabe aufgrund meiner Kraftlosigkeit beim steilen Anstieg der unzähligen Höhenmeter bewahrt hat. Danke auch für die vielen Pilgertipps, die ich durch ihn erlernen durfte und für deine Fürsorglichkeit mit der du uns jeden Tag versüßt hast. Zum Abschied wünscht er uns „Let that every day becomes a dream that touches you again“. Molte grazie! Buen Camino!

Nun, was war mein Beitrag? Ich glaube ich war die Inspiration der Gruppe, der Mann fürs Detail, der dafür sorgte, dass nichts übersehen und alles mit Fotos dokumentiert wurde. Derjenige der zeigte, dass es mit hoher Motivation immer weiter geht (trotz schmerzender Blasen oder Rücken), der persönliche (auch mal kritische) Denkanstöße gab, der zu allen Themen eine App hat und immer Strom und ein Always-On-Navi verfügt und mit dem man lachen konnte. Ich glaube das war meine Ergänzung für die Gruppe. Danke, liebe Pilger-Familie, dass es uns gab!

„Querida familia peregrina, os echaré de menos.

Aber so ist der Camino, man lernt wertvolle Menschen kennen, geht mit Ihnen einen Teil des Weges und erfährt dabei viel über sie und sich selbst. Man lernt viele neue Perspektiven kennen, man erweitert seinen Horizont.

Mein Plan für die zweite Tageshälfte ist, dass ich meinen Füßen heute einen Tag Auszeit und Ruhe gönne – und so soll es sein. Über Booking.com wird ein günstiges Hotelzimmer mit Wlan und Badewanne gebucht und anschließend fahre ich mit dem Taxi in ein medizinisches Zentrum.

Dort angekommen geht es los – die Übersetzung fehlt – weder die Dame am Empfang, noch die mich behandelnde Ärztin sprechen ein Wort englisch. Sie möchte meine Gesundheitskarte und blickt diese kritisch an, spricht vor sich hin und kopiert alles. Irgendwie geht es weiter. Ich erkläre mit den Händen worum es geht, kann aber die Antworten nicht verstehen.

Der Warteraum ist voll und nach nur 5 Minuten wird meine Wartenummer aufgerufen und es geht los zur Behandlung (in Deutschland hätte ich viele Stunden gewartet). Die Ärztin schaut etwas entsetzt als sie mir eine Blasen sieht und spricht irgendetwas auf Spanisch. Natürlich kann ich sie nicht verstehen, erkenne aber an ihren Gesten, dass es nicht gut ist was sie sagt. Sie spricht irgendetwas von pilgern und gibt mir zu verstehen, dass es wohl nicht weitergehen wird.

Ich zücke mein Handy und stelle ihr meine Fragen mit einem Übersetzungsprogramm (www.deepl.com) und zeige ihr die Übersetzung. Ihre Antwort verstehe ich nicht und so gebe ich ihr mein Handy und sie tippt wiederwärtig darauf los. So funktioniert der Austausch ganz gut – Problem gelöst!

Sie erklärt mir, dass ich drei Tage lang Pause machen muss, damit meine Füße heilen können. Ich darf keine Schuhe anziehen und muss dafür sorgen, dass die die Blasen nicht nass werden. Ich entscheide mich nach der Rückfahrt mit dem Taxi – mit meinen Schuhen in der Hand – dass ich das Hotelzimmer einen weiteren Tag verlängere. Ich gehe davon aus, dass die Blasen nach zwei Tagen schon ausreichend abgeheilt und auch die Schwellungen an meinen Knöcheln verschwunden sind. Das muss reichen!

Jetzt erst mal aufs Bett, mit der Familie telefonieren, schlafen und die Ruhe und Einsamkeit genießen. Endlich Privatsphäre, keine schnarchenden Zimmergenossen, ein eigenes Badezimmer und vor allem muss ich keinen Rucksack ausräumen und einräumen. Das wird toll! Nur schade, dass ich die Badewanne nicht nutzen darf – ohne Füße wird der Einstieg schwer.

Geschärfte Sinne durchs pilgern?!

Die Gedanken springen und so lande ich am Ende des Tages wieder beim Wesentlichen. Ich liege auf dem Bett und habe Hunger und denke darüber nach was ich essen könnte.

Der Verzicht auf die vielen kleinen Dinge des Alltags führt dazu, dass die Sinne geschärft werden. Alles wird viel intensiver und jeder Bissen führt zu einer Geschmacksexplosion.

So ist es nicht erstaunlich, dass ich gerade jetzt an das letzte gemeinsame Abendessen unserer Gruppe denken muss.

Wir hatten vorgestern ein 6 Gängemenü für jeweils zwei Personen (30,- € pro Person) mit je einer zugehörigen Flasche lokalen Wein. Das „Restaurante la Bellota“ war wundervoll und wir haben uns wirklich willkommen gefühlt.

Ich würde daher vorschlagen, dass jeder Pilger mindestens einmal in diesen Genuss kommen sollte.

#Tag 7: Der Lauf des Pinguins

Bei der morgendlichen Dusche haben mir meine prallen Freunde (die Wasserblasen an den Füßen) einen üblen Streich gespielt. Der Kollege am Fersen wollte sein ca. 2,5 cm langes Dasein nicht mehr länger ertragen und hat sich über Nacht verschlankt. Der Prozess sah nicht so aus, als ob es idealtypisch wäre und daher muss ich morgen – am Sonntag – einen Arzt konsultieren.

Am anderen Fuß hat sich der Freund Verstärkung geholt und jetzt leben sie im Nachbarschaftsstreit und wollen sich gegenseitig überbieten. Das kennt man schon mal – zumindest wenn man in Deutschland lebt.

Nach dem ersten Schreck wollten alle Freunde mit einer extra Schicht „Blasenpflaster“ versiegelt werden. Und das kostet wertvolle Zeit und dafür hatte man in unserer Herberge – im „Casa de la Abuela“ in „Los Arcos“ leider kein Vertändnis und so sind wie nach einer sehr unfreundlichen Verabschiedung aus der Herberge – ohne Frühstück – aufgebrochen.

Wenige Meter nach der Herberge gab es für uns in einer Kneipe leckeres Frühstück – einem Brötchen mit Schinken mit Ei – mit einem „un café negro grande“. Was will man mehr!

Und danach ging es los – auf den Weg der Pinguine. 75% unserer Gruppe haben inzwischen Blasen an den Füßen. Ich gebe mein Bestes, komme aber nicht über den Stil eines Pinguins hinaus. So watschle ich meine 19,07 km von 28 km Strecke vor mich hin und sorge damit zumindest für eine gemütliche Reisegeschwindigkeit unserer Gruppe. Die letzten Kilometer gebe ich auf und fahre mit dem Taxi zur Herberge in Logroño.

Der Rest unserer Gruppe ist erst gegen 20:00 Uhr an der Herberge „Albergue Albas“ angekommen und meine Mitstreiter konnten eine Steigerung der Fußprobleme verzeichnen. Wir sind dann alle – und es ist wirklich nicht übertrieben – wie die Pinguine zum nächsten Lokal gewatschelt und haben tränen über uns selbst gelacht. Was war das schön!

Lauf der Pinguine

Und nun? Ich werde mindestens einen Tag Pause einlegen, vielleicht auch zwei und treffe morgen Abend unseren Freund aus Texas während sich der Rest der Familie leider aufgelöst haben wird. Damit schließt sich der Kreis und ein neuer beginnt.

#Tag 6: 666 – the number of the beast

Wer die Wahl hat, hat die Qual? Nein, der hat die Freiheit zu entscheiden. Auch wenn dies nicht immer einfach ist, da die Konsequenzen oftmals nicht absehbar sind. 

Und genau vor so einer Entscheidung stand ich heute: Nach dem Aufstehen bleibt der weitere Verlauf für mich zunächst unklar. Was ist besser? Der Weg zu einem Arzt, der den Blasen an meinen Füßen helfen kann – oder den Weg mit meiner Pilgerfamilie geniesen und dabei das Risiko eines Totalausfalls einzugehen.

Ich entscheide nach dem morgendlichen Packen meines Rucksacks spontan und wähle unsere Gemeinschaft. Und das ist auch gut so!

Tag 6 – 666 km bis zum Ziel. Wir haben bislang im Schnitt 23,82 km/Tag zurückgelegt und waren dabei jeweils ca. 9h an der frischen Luft. Stand heute Abend sind es nur noch 633 km bis „Santiago de Compostela“.

Wir haben heute ein Wegstück von 21,6 km mit mittlerer Schwierigkeit gewählt und sind bei leichtem Regen losmaschiert. Nach wenigen Metern wurden wir von einem Schild darauf aufmerksam gemacht, dass es „nur“ noch 666 km bis „Santiago di Compostela“ sind. Das bedeutet auch, dass die ersten 100 km gestern völlig unscheinbar an uns vorübergezogen sind. Keine Party, keine laute Musik – nichts und das ist auch gut so.

Der Weg ist wunderschön und führt uns über bewaldete Berge und beglückt uns mit wunderschönen Aussichten auf kleine Hügel – einzigartig. Meine Laune ist bestens und die Diclofenac leistet ihre Dienste und ermöglicht mir einen wunderschönen Marsch – bis zum Ziel „Los Arcos“.

Wichtig ist, dass die zweite Tablette rechtzeitig eingenommen wird, da der Lauf ansonsten einer watschelnden Ente gleicht. Heute war ich so eine Ente!

Die kleine Raupe „Nimmersatt“ hatte offensichtlich Lust auf Polonaise und beglückt uns mit einer Wanderschlange von ca. 1,5 Metern länge. Natürlich in Richtung „Santiago de Compostela“ 🤣😂🤣. Mal schauen ob ich – watschelnder Weise – in ca. 5 Wochen vor den Raupen am Ziel bin.

Bereits am Vormittag sind wir im Weingebiet in der „Navarra“ angekommen – pünktlich zur Weinprobe.

Es war zwar etwas früh, aber natürlich wollte der Wein aus dem Wasserhahn an der Wand getestet werden. Man geht eigentlich davon aus, dass es ein billiger Wein wäre der einem ein Schütteln bis in den letzten Zeh treibt, aber nein – wir wurden eines besseren belehrt.

„Wanderer! Wenn du Santiago gestärkt und gesund erreichen möchtest, dann trinke einen Schluck von diesem Wein und stoße an, auf die Fröhlichkeit.“

Es handelt sich um einen „Tinto Irache“ welcher seit 1981 produziert wird und der im darüberliegenden Ladengeschäft für 6 Euro erstanden werden kann. Wie lecker er schmeckt – seht selbst:

Daran könnte man sich gewöhnen, der Wein fließt in „Bodegas Irache“ aus dem Weinhahn und stärkt die Wanderer.

Wir machen eine Mittagspause in einer spanischen Kneipe und dort treffe ich meine Wanderfreunde wieder (als Ente). Und natürlich ist auch diese Kneipe gut besucht von älteren Männern, die sich mit einem lokalen Wein begnügten. Warum gibt es bei uns keine Kneipenkultur mehr?

Dieses fröhliche Beisammensein strahlt eine angenehme Lebensfreude aus und zeigt welchen anderen Fokus es in Spanien gibt. Die Kneipen sind nicht schön, sie sind zweckmäßig und dienen der spanischen Lebenskultur.

Gegen 19:00 Uhr treffen wir am Ziel in „Los Arcos“ in unserer heute privaten Herberge ein. Wir werden mit leckerem Essen empfangen und ziehen nur die Schuhe (ein Gruß an die Nase) und Rucksack aus und setzen uns zu den anderen – bekannten Pilgern.

Und natürlich genießen wir unseren Salat, den Linseneintopf und die Eistorte zum Nachtisch. Dazu gibt es leckeren Wein!

#Tag 5: out of order

Meine Blasen fühlen sich bei mir sichtlich wohl. Sie sind bestens genährt und sie stehen im Saft wie eine frisch gefüllte Maultasche in ihrer Suppe. So verzieren sie nun fast meine gesamten Füße. Auch schön, hat man ja nicht alle Tage.

Nach unserem leckeren Abendessen – Pferde-Burger mit Wein – habe ich mich gestern Abend an den Tipp des Apothekers gemacht und das Werkzeug zur Öffnung angesetzt. Soweit erfolgreich, bis ich mich an die Ballen machte. Die Blasen an den Ballen haben sich strategisch perfekt platziert und sitzen so tief versteckt in ihrer Festung, dass sie nach meiner Arbeit lediglich durch kleine, oberflächliche Schnitte verziert scheinen.

Anders formuliert, habe ich jetzt nicht nur Blasen die auf den steinigen Wegen, die wie Wackelpudding glibbern. Sondern auch noch offene Stellen, die sich gerne hinzuschalten und mich darauf aufmerksam machen, dass meine Füße eine Pause wünschen.

Heute Morgen habe ich eine Diclofenac zur Verteidigung eingesetzt und wir sind los gewandert. Ziel waren 21,9 km und natürlich machten sich meine neuen Freunde alsbald möglich bemerkbar. Als Verstärkung haben sie meinen Rückenmuskeln hinzugeschaltet und sie alle zusammen konnten mir erfolgreich den Spaß nehmen.

So wanderte ich mit wirklich schlechter Laune vor mich hin und nach nur 5 km mussten wir eine Pause machen. Wie fanden eine geöffnete Bar gefüllt mit einheimischen Männern die alle Wein tranken und haben einen Eier-Kartoffelauflauf gegessen. Wer mich kennt weiß, das Nudeln besser gewesen wären. Aber es hat dennoch außergewöhnlich gut geschmeckt.

Jessica und Sillian sind nach dem Essen verschwunden und kamen mit einer Aufheiterung in Form von zwei leckeren – von mir geliebten – Monster-Energy-Dosen zurück – ist das nicht wundervoll ❤️❤️❤️? Ich habe mich wie ein kleines Kind gefreut!

Damit konnte es weitergehen.

Die Füße und der Rücken waren zunächst freundlich gestimmt. Das Pferd vom Vortag in meinem Magen hat aber am Ende auch nicht geholfen – der Körper siegt – und nach etwas mehr als die Hälfte der Strecke meiner Wanderung musste ich das Handtuch werfen. Ich bin in ein Taxi gestiegen und in die Herberge gefahren.

Ich habe in der Herberge mit vielen Leuten über deren Erfahrung gesprochen. Manche von ihnen empfehlen sie zu Bandagieren und zu ignorieren, andere sagen man solle eine Woche Auszeit nehmen.

Wie es weiter geht? Keine Ahnung. Vielleicht suche ich einen Arzt auf, vielleicht laufe ich langsamer weiter, vielleicht muss ich mich von unserer Gemeinschaft trennen … das wäre sehr schade.